„Der einfachste Weg Einfachheit zu erreichen, führt über gut durchdachtes Weglassen.“ (John Maeda, US-amerikanischer Designer und Informatiker, *1966)
Seit ich vor gut zwei Jahren mit Einfach bewusst an den Start ging, stieg die Bekanntheit meines Blogs stetig an. Mittlerweile habe ich 100.000 Seitenaufrufe pro Monat, 5.000 Newsletter-Abonnenten und 5.000 Facebook-Follower. Im Zuge dessen bekam ich auch stetig mehr E-Mail-Anfragen. Trotzdem beantworte ich jede einzelne davon. Ohne meine minimalistische E-Mail-Routine wäre das kaum möglich.
Aus fünf E-Mail-Accounts werden zwei
Fünf E-Mail-Adressen, ellenlange Antworten, Dutzende Ordner, die übliche Spam-Flut und hunderte Anhänge, die ich irgendwann einmal lesen oder anschauen wollte – vor ein paar Jahren verbrachte ich mehr Zeit mit dem Mailen als heute, obwohl Einfach bewusst erst als vage Idee in meinem Kopf existierte.
In einem ersten Schritt trennte ich mich von drei meiner fünf E-Mail-Adressen. Ich nutze nur noch einen geschäftlichen Account (für den Blog und meine Buchprojekte) und einen privaten Account. Diese Trennung ist mir wichtig.
Mit Thunderbird frei wie ein Vogel
Danach reduzierte ich die Anzahl der Ordner in meinem Open-Source-E-Mail-Programm Mozilla Thunderbird. Heute habe ich lediglich zwei selbst angelegte Ordner. In den Ordner „aufheben“ kommen alle Nachrichten, die ich eines Tages wieder brauchen könnte. Der zweite Ordner enthält alle Newsletter, die ich bisher verschickt habe.
Anstelle wie früher ewig in Ordnern und Unterordnern nach einer E-Mail zu kramen, nutze ich die Suche und die wertvolle „Liste filtern“-Funktion, die schnell ans Ziel führen.
Den Kampf gegen die E-Mail-Flut gewonnen
Mit ein paar simplen Maßnahmen konnte ich die tägliche E-Mail-Flut einschränken. Ich habe mich aus allen Newslettern ausgetragen, die ich nicht regelmäßig lese; habe die meisten Benachrichtigungen von meinem Blog, den Social Media und anderen Portalen deaktiviert; nutze den Spam-Filter und lege selbst regelmäßig Filter an, die E-Mails von unerwünschten Absendern und Domains und bestimmten Inhalten automatisch löschen. Papierkorb und Junk-Ordner sind so konfiguriert, dass sie sich beim Verlassen des Programms leeren.
Ich habe mir angewöhnt, meine E-Mails nur dreimal am Tag abzurufen: Morgens nach dem Starten meines Laptops, mittags nach dem Essen sowie spätnachmittags bevor ich den Rechner wieder ausschalte. In der restlichen Zeit ist mein E-Mail-Programm geschlossen, so dass ich fokussiert schreiben bzw. meine Freizeit genießen kann.
Nachdem ich eine E-Mail gelesen habe, bearbeite ich sie umgehend. Ich beantworte sie, falls nötig, und verschiebe sie in den „aufheben“-Ordner oder lösche sie. Das spart Zeit, da ich mich später nicht mehr darum kümmern muss. Meist schaut mein Posteingang so sauber wie im Screenshot zu Beginn dieses Artikels aus und erinnert mich an meinen minimalistischen Desktop.
Mein Smartphone ist so konfiguriert, dass neue E-Mails nicht angezeigt werden. Falls es doch einmal nötig ist, kann ich sie natürlich abrufen. Gleiches gilt für mein Tablet, das ich auf Fernwanderungen, etwa auf dem Fränkischen Gebirgsweg, verwende.
Einfach mal Fresse halten, Christof
Eine E-Mail ist immer noch eine E-Mail und kein Sachbuch oder Roman. Ich habe lange gebraucht, das zu verinnerlichen. Und auch heute muss ich mich immer wieder zwingen, auf den Punkt zu kommen. Manchmal sage ich mir sogar: „Einfach mal Fresse halten, Christof!“ Wenn alles gesagt ist, darf eine Nachricht unbeantwortet im Papierkorb verschwinden.
Übrigens hat sich die Anzahl der E-Mails (die meiner Blogleser ausgenommen) allein durch die Tatsache reduziert, dass ich mein Leben vereinfacht habe. Minimalismus verschiebt den Fokus von Werbung, Konsum und Sachen haben (was immer auch E-Mails generiert) auf Sachen machen, von Rückenschmerzen durch langes Sitzen auf Rücken stärken durch lange Wanderungen und von Online-Korrespondenz auf Offline-Gespräche.
In 11 Schritten zur minimalistischen E-Mail-Routine
Auch Du kannst Zeit und Nerven sparen, indem Du eine minimalistische E-Mail-Routine entwickelst. Passe sie an Deine Bedürfnisse an. Die folgenden Tipps helfen Dir dabei.
- Trenne Dich von möglichst vielen E-Mail-Accounts. Meist reicht eine geschäftliche und eine private Adresse aus.
- Weniger Ordner bedeuten mehr Übersicht. Eine alte E-Mail findest Du am schnellsten mit Hilfe der Suche oder der Filter-Funktion.
- Trage Dich aus allen Newslettern aus, die Du nicht liest. Das gilt auch für meinen. Den Austragen-Link findest Du am Ende des Newsletters.
- Lass Dir nur die wirklich wichtigen Benachrichtigungen von den Social Media und anderen Portalen schicken.
- Nutze den Junk-Filter und lege eigene Filter an. Unerwünschte E-Mails bekommst Du so gar nicht zu Gesicht, da sie automatisch gelöscht werden.
- Rufe Deine E-Mails wenige Male am Tag ab. Auch im Job reicht es in vielen Fällen, früh, mittags und vor dem Feierabend das E-Mail-Programm zu starten. So wirst Du gezielter und mit weniger Stress arbeiten.
- Bearbeite eingehende E-Mails möglichst sofort. Das spart Zeit (da Du die Nachricht später nicht nochmal öffnen musst) und Nerven (da Dein Postfach schön aufgeräumt bleibt).
- Schreibe so ausführlich wie nötig und so knapp wie möglich. „Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann”, riet der österreichisch-britische Philosoph Karl Popper einmal.
- Habe keine Angst davor, eine Korrespondenz zu beenden. Öfter als gedacht, ist alles schon gesagt.
- Smart ist, wer die minimalistische E-Mail-Routine auch auf dem Smartphone und Tablet anwendet.
- Offline ist das neue Online. Vieles kann man besser am Telefon oder in einem persönlichen Gespräch klären.
Und wie schaut Deine (minimalistische) E-Mail-Routine aus? Hast Du weitere Tipps, wie man Zeit und Stress beim Mailen sparen kann?
—
Um keine Artikel zu verpassen, kannst Du Dich hier mit mir verbinden: Newsletter, RSS-Feed, Facebook, Twitter
Ich freue mich auch, wenn Du den Artikel mit Deinen Freunden teilst oder einen Kommentar hinterlässt.
Ich handhabe es so ähnlich wie du, nur eines habe ich noch nicht geschafft. Alle Mails bleiben nämlich im Posteingang, bis mich eines Tages (so alle paar Wochen) der virtuelle Putzteufel holt und ich alle Mails in passende Ordner verschiebe (Newsletter, Buchprojekte, Anfragen). Noch zu antwortende Mails versehe ich in Thunderbird mit einem roten Schlagwort und wird dann je nach Bedarf, Wichtigkeit und auch Interesse in freier Zeit beantwortet.
Es gibt bei mir sicher noch Mail-Minimalismus-Potenzial. Und so sehr mich dieses Thema auch interessiert: das Auswahlkästchen unter „Senden“ bleibt unmarkiert. :-)