Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Dr. phil. Daniela Otto. Sie ist Literaturwissenschaftlerin und beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Vernetzung. 2016 hat sie den Ratgeber Digital Detox – Wie Sie entspannt mit Handy & Co. leben veröffentlicht. Sie lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität München und an der Universität Augsburg und freut sich über Studenten, die während der Vorlesung nicht aufs Handy schauen.
Weihnachten ist vorbei. Normalerweise sollten ja zu dieser Zeit nur die Glocken süß klingen – doch wetten, dass auch Dein Handy fleißig gebimmelt hat! Wenn Du wie so viele andere gestresst ins neue Jahr startest, ist das ein guter Anlass, etwas zu ändern. Doch wie soll das gehen? Mit Digital Detox, einem Lebensstil, der wieder Ruhe in Deinen Alltag bringt.
Es ist lange her, dass die besinnliche Zeit noch besinnlich war. Wenn ich zurückdenke, war es bei mir persönlich das letzte Mal in der Grundschule so. Ich erinnere mich daran, wie wir im Klassenzimmer Kerzen angezündet, Plätzchen gegessen und der Lehrerin beim Vorlesen einer Weihnachtsgeschichte zugehört haben. Es lag etwas in der Luft, die Vorfreude auf ein in unserer Kultur tief verankertes religiöses Fest, aber noch etwas anderes, das ich heute, aus der erwachsenen Reflexion heraus, klar als Ruhe ausmachen kann.
Diese Ruhe oder auch Stille ist den meisten von uns abhanden gekommen. Das ist kein Wunder, denn wenn wir einmal dabei sind runterzukommen, wartet bestimmt schon der nächste Anruf, die nächste E-Mail, die nächste SMS oder die nächste WhatsApp-Nachricht auf uns. Der digitale Lärm, bestehend aus ständigem Klingeln, Vibrieren und Plingen, ist unüberhörbar geworden und schreckt uns immer wieder auf.
Wie wichtig jedoch das innere Abschalten innerhalb unserer zum Burnout neigenden Gesellschaft geworden ist, kann nicht genug betont werden. Es ist nicht nur wichtig, sondern unabdingbar für jeden, der gesund, glücklich und ausgeglichen durchs Leben gehen möchte.
Doch wie soll das Abschalten funktionieren? Viele wollen es, aber wissen nicht genau, wie sie es schaffen sollen, wenn sie für den Chef genauso permanent erreichbar sein müssen wie für Freunde, Partner und Familie. Die Lösung: Digital Detox.
Digital Detox ist ein Lifestyle, der langsam aus der USA zu uns nach Deutschland kommt. Die Idee dahinter ist so simpel wie grandios: Wer öfter und gezielt seine digitalen Medien abschaltet, gewinnt dauerhaft an Lebensqualität. Dabei geht es nicht nur darum, einfach den Off-Schalter zu drücken, sondern ganz bewusst sein eigenes Mediennutzungsverhalten zu beobachten und digitale Stressquellen zu minimieren.
Wie das konkret geht? Zunächst ist Reduzieren das Motto: Nicht jeder Newsletter ist sinnvoll, nicht jede Eilmeldung wichtig, nicht jeder Klingelton ein Muss. Wer ordentlich ausmistet und die Einstellungen entsprechend anpasst, unnütze Apps löscht und seine Kontakte aussortiert, hat schon viel dafür getan, dass er nicht permanent in seiner Ruhe gestört wird.
Doch Digital Detox ist vor allem eine Haltung: Es geht darum, sich mental gegen den digitalen Stress zu wappnen und sich nicht unter Druck setzen zu lassen, wenn z. B. noch fünfzig E-Mails und WhatsApp-Nachrichten unbeantwortet sind. Hier ist Disziplin erforderlich. Wir sind inzwischen so darauf konditioniert sofort aufzuschrecken, wenn das Handy klingelt, dass wir kaum mehr gelassen damit umgehen können. Für eine Life-Media-Balance ist aber genau das unerlässlich. Wer eine neue Distanz zum üblichen Kommunikationsstress gewonnen hat und sich darauf besinnt, dass er antworten kann, wann er will, und nicht ständig erreichbar oder gar verfügbar sein muss, wird wesentlich glücklicher durchs Leben gehen. Die zurückgewonnene Autonomie befreit spürbar.
Wer effektiv digital abnehmen möchte, sucht sich am besten eine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Loslegen kann man jederzeit. Schon kleine Veränderungen helfen – etwa offline in den Tag zu starten oder das Handy beim Spaziergang daheim zu lassen. Wer besonders effektiv digital entgiften will, bleibt für mindestens 24 Stunden virtuell abstinent.
Das lohnt sich übrigens tatsächlich. In Studien wurde nachgewiesen, dass eine solche Auszeit von Smartphone & Co. die Körperhaltung verbessert (man schaut nicht mehr ständig aufs Display, sondern wieder mit offenen Augen und erhobenen Hauptes die Welt an), die Empathiefähigkeit steigert (wer nicht nebenbei liest und schreibt, hört anderen besser zu), guten Schlaf fördert (das helle Licht der Displays unterdrückt das Schlafhormon), die Kreativität verbessert (wer nicht googelt, nutzt sein Hirn) und wieder Lust auf das richtige Leben macht (denn das findet nicht im Internet statt).
Wer abschalten und ankommen will, sollte also vor allem eines tun: Möglichst oft ausschalten.
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Hallo! Frohes Neues und danke für diesen tollen Artikel, Daniela und Christof. Diesen Vorsatz nehme ich mir zu Herzen. „Offline ist das neue Online“ hast du mal woanders geschrieben, Christof. Liebe Grüße Eure Lucia