Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Daniel von beVegt.
Ich ernähre mich seit dreieinhalb Jahren vegan und in dieser Zeit ist mir ein seltsamer Widerspruch aufgefallen: Einerseits gibt es die weit verbreitete Vorstellung, dass es sehr kompliziert sei, sich vegan zu ernähren. Andererseits sind die meisten Menschen, die sich für Minimalismus und ein einfaches Leben interessieren, der vegetarischen oder veganen Lebensweise zumindest nicht abgeneigt.
Minimalisten und Veganer
Christof zum Beispiel beschäftigt sich seit Jahren mit dem Minimalismus, war die letzten zwei Jahre Vegetarier und ernährt sich nun seit Anfang 2014 rein pflanzlich. Bei mir war es andersherum: Ich bin über die vegane Ernährung auf den Minimalismus gestoßen, vor allem über Leo Babauta. Und ich hatte damals sofort das Gefühl, dass mein neuer veganer Lebensstil sehr gut mit den Ideen in Einklang steht, über die Leo auf seinen beiden Blogs schreibt.
Kann es wirklich sein, dass ich mich auf der Suche nach mehr Einfachheit für die komplizierteste aller Ernährungsweisen entschieden habe – und das dann noch nicht einmal merke?
Nein, natürlich nicht. Denn wenn man genau hinsieht, gibt es hier gar keinen Widerspruch, sondern bloß ein Missverständnis: Es ist nicht kompliziert, ein Veganer zu sein, aber es kann schwierig sein, einer zu werden. Wenn Außenstehende sagen, sich rein pflanzlich zu ernähren, sei sicher nicht einfach, dann denken sie dabei wohl an die vielen Veränderungen, die der Umstieg mit sich bringen würde. Und in dieser Hinsicht haben sie Recht. Es ist kompliziert, gewohnte Verhaltensmuster zu verlassen und einstmals vertraute Dinge neu zu erlernen. Wer vegan lebt, muss anders einkaufen, anders kochen, anders reisen, andere Gespräche führen.
Überraschung nach dem Umstieg
Wer aber den Umstieg schon hinter sich hat und bereits eine Zeit lang Veganer ist, macht meistens eine ganz andere Erfahrung: Die vegane Ernährung ist nicht kompliziert, sondern in vielerlei Hinsicht einfach – ja geradezu minimalistisch.
Ein Vergleich, der mir dazu einfällt, ist das Entrümpeln. Es fällt uns oft schwer, uns von Dingen zu trennen, selbst wenn wir sie nicht mehr brauchen und seit Jahren nicht mehr benutzt haben. Aber wer einmal konsequent ausgemistet hat und nun darauf achtet, nichts Überflüssiges mehr anzuhäufen, dem wird sein „altes“ Leben plötzlich furchtbar kompliziert erscheinen.
Fünf Gründe, warum eine vegane Ernährung nicht kompliziert ist
1. Simple Ernährungsregeln
Als Veganer richte ich mich nur nach einer einzigen, simplen Ernährungsregel: Wenn es eine Pflanze ist, esse ich es, wenn es vom Tier kommt, esse ich es nicht. Ich muss weder Kalorien zählen noch Nährstoffverhältnisse berechnen noch mir wie bei der Paläo-Diät Gedanken darüber machen, ob ein bestimmtes Lebensmittel schon meinen Vorfahren vor 10.000 Jahren zur Verfügung gestanden hat oder nicht.
2. Simples Einkaufen
Wenn ich heute meinen Wocheneinkauf erledige, dauert das nie mehr als 15 Minuten. Er spielt sich größtenteils in der Obst- und Gemüseabteilung ab. Das Durchforsten endloser Regalreihen gehört der Vergangenheit an. Was ich brauche, finde ich schnell: Frisches und tiefgefrorenes Obst und Gemüse, Nudeln, Reis und Quinoa, Nüsse und Sojamilch. Fertig. Kleingedrucktes muss ich nicht lesen, um tierische Zutaten zu identifizieren. Weil ich vor allem unverarbeitete Lebensmittel kaufe, hat kaum etwas in meinem Einkaufswagen ein Label.
3. Simples Kochen
Ich liebe einfache Gerichte mit wenigen Zutaten, idealerweise in nur einem Topf oder einer Pfanne zubereitet. Vegane Gerichte aus der asiatischen, indischen oder afrikanischen Küche eignen sich dafür hervorragend, weil es dort die typisch westliche Aufteilung in Hauptgericht und Beilagen nicht gibt. Auch komplizierte Zubereitungsarten sind beim Kochen mit Pflanzen überflüssig. Ich muss weder Garen noch Pochieren noch Filetieren noch Ausnehmen noch Entbeinen. Ich muss keine Fleischreste, Knorpel, Knochen oder Blut entsorgen, brauche weder ein Fleischthermometer noch eine elektrische Bratenschere. Und das Beste ist, dass fast alles mit allem kombinierbar ist, ohne dass es zur Geschmackskatastrophe kommt:
– Reis mit Gemüse
– Quinoa mit Linsen und Curry
– Salat mit Tomaten, Gurke und einem einfachen Dressing aus Öl, Essig und Zitronensaft
– ein selbstgebackenes Brot aus fünf Zutaten mit einem schnell zubereiteten Hummus
– ein frischer Obstsalat mit Leinsamen und ein paar Walnüssen
4. Simples Essengehen
Als Veganer habe ich es leicht, auswärts zu essen. In normalen Restaurants gibt es meist nur ein oder zwei vegane Gerichte – vorbei die Zeiten, in denen ich minutenlang die Speisekarte studieren musste und dann noch immer unsicher war, ob ich das Richtige bestellt habe. Wenn es keine vegane Option auf der Karte gibt, frage ich den Kellner, ob der Koch ein einfaches Gericht zubereiten oder aus einem À-la-carte-Essen eine vegane Version zaubern kann. Und wenn ich auf Reisen gehe, suche ich mir vorher auf der Website Happycow die entsprechenden Restaurants am Zielort heraus. Früher dauerte die Suche nach einem Restaurant in einer fremden Stadt häufig sehr lange und war sogar mit Stress verbunden.
5. Simple Ethik
Als ich noch Fleisch, Eier, Milch und Käse gegessen habe, musste ich einen komplizierten Spagat zwischen meiner Lebensweise und meinen moralischen Vorstellungen machen. Heute lebe ich als Veganer mehr im Einklang mit meinen Prinzipien: Ich möchte nicht, dass anderen Lebewesen Schaden zugefügt wird, und verhalte mich entsprechend. Das sorgt für ein leichtes Gewissen.
Was hältst Du von meiner Behauptung, dass eine vegane Ernährung nicht kompliziert ist? Was bedeutet Minimalismus im Hinblick auf Ernährung für Dich?
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Ihr werdet lachen. Seit letztem Herbst ernähre ich mich zu 90 % vegan (ja, ein paar Ausnahmen gibt es noch). Und um so mehr ich mich mit der veganen Ernährungsform beschäftige und danach einkaufe, merke ich auch, wie sich das ganze Thema für mich entwirrt und mir mehr und mehr so … NATÜRLICH und einfach erscheint. Ohne aufgeblasenes Drumherum. Das hat für mich auf jeden Fall etwas mit Minimalismus zu tun!