Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Frank Kaiser. Er gibt das Magazin Vitalinstitut heraus und informiert als Ernährungswissenschaftler über die Wirkungen der unterschiedlichen Ernährungsformen und Substanzen. Dabei wird stets darauf geachtet, wissenschaftliche Erkenntnisse zu nutzen.
Die vegane Ernährung erfreut sich einer stetig wachsenden Beliebtheit. Laut einer AWA-Studie haben sich im Jahr 2017 bereits 0,84 Millionen Menschen ab 14 Jahren als Veganer bezeichnet, was etwas mehr als 1 % unserer Bevölkerung ausmacht. Veganer haben hierzulande nach wie vor mit vielen Missverständnissen und auch Anfeindungen zu kämpfen. Mitunter wird die vegane Ernährung sogar als ungesund dargestellt. Deshalb ist es Zeit, die Debatte etwas zu versachlichen und auf das einzugehen, was Veganer beachten sollten.
1. Problemfeld: Vitamin B12
Der wohl bekannteste und auch gefährlichste Engpass liegt beim Vitamin B12, welches für die Blutbildung sowie die Synthese von Neurotransmittern sehr wichtig ist. Leider können pflanzliche Nahrungsmittel den täglichen Bedarf eines Menschen kaum decken. Eine Ausnahme stellt die koreanische Rotalge Nori dar, die einen hohen Wert an Vitamin B12 (ca. 29 Mikrogramm pro 100 Gramm) aufweist. Allerdings ist der Gehalt oft stark schwankend und es kommt immer auf die jeweiligen Umweltbedingungen an. Somit gilt die Nori-Alge allein nicht als zuverlässige Quelle für die Vitamin-B12-Versorgung. Bei dem Verzicht tierischer Lebensmittel ist eine Supplementierung sinnvoll. Die Mangelerscheinungen können nämlich drastisch ausfallen und dauerhafte Müdigkeit sowie Konzentrationsprobleme auslösen. Auch Zahnfleischbluten, psychische Probleme bis hin zu Depressionen, Lähmungserscheinungen und Magen-Darm-Probleme sind bekannte Symptome.
2. Problemfeld: Eisen
Eisen ist in pflanzlichen Nahrungsmitteln normalerweise in ausreichender Menge vorhanden. Allerdings handelt es sich dabei um sogenannte Eisen(III)-Verbindungen, die Bindungen mit Phytaten und Phosphaten eingegangen sind. Diese Art des Eisens lässt sich schlechter vom menschlichen Körper aufnehmen, so dass hier ein potenzieller Engpass besteht. Zum Glück sorgt Vitamin C dafür, dass sich Eisen besser aufnehmen lässt. Wer also Vitamin C (z. B. in Paprika, Orangen, Rosenkohl, Kiwi oder auch Hagebutten) mit der Nahrung aufnimmt und auf die Wahl der Lebensmittel achtet, braucht sich um seine Eisenversorgung keine Sorgen zu machen. Als besonders eisenhaltig gelten folgende Nahrungsmittel:
- Kürbiskerne (12,1 mg / 100 g)
- Sesam (10 mg / 100 g)
- Linsen (8 mg / 100 g)
- Basilikum (7,3 mg / 100 g)
- Pfifferlinge (6,5 mg / 100 g)
- Weiße Bohnen (6,2 mg / 100 g)
- Sojabohnen (6,0 mg / 100 g)
3. Problemfeld: Jod
Jod ist vor allem in Seefischen zu finden und ist als Spurenelement wichtiger Bestandteil der Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Tetrajodthyronin). Veganer stehen auch hier vor dem Problem, dass ihnen die Jodquelle Seefisch nicht zur Verfügung steht. Man kann aber den täglichen Jodbedarf von 150-200 Mikrogramm pro Tag aus anderen Lebensmitteln decken:
- Algen weisen einen sehr hohen Jodgehalt auf.
- Jodiertes Speisesalz kann einen Teil des Jodbedarfs decken.
- Verschiedene Gemüsesorten wie Spinat (20 Mikrogramm pro 100 Gramm), Champignons (29 Mikrogramm pro 100 Gramm), Feldsalat (35 Mikrogramm pro 100 Gramm), Grünkohl (12 Mikrogramm pro 100 Gramm) und
Brokkoli (15 Mikrogramm pro 100 Gramm) enthalten zumindest geringe Mengen Jod.
Allgemeine Ernährungstipps für Veganer
Auf die Supplementierung von Vitamin B12 (und Vitamin D im Winterhalbjahr) sollte nicht verzichtet werden. Ansonsten können Veganer ihren Nährstoffbedarf sehr gut decken – sofern sie auf Vielfalt in der Ernährung achten:
- Vitamin D lässt sich durch die Ernährung (auch bei Omnivoren) nicht decken. Hier hilft nur ausreichend Sonnenlicht oder eine Supplementierung.
- Bei den täglichen Mahlzeiten auf Abwechslung setzen und möglichst viele verschiedene Obst- und Gemüsesorten probieren.
- Raffinierten Zucker und Weißmehl nur in Maßen konsumieren, da diese Lebensmittel in größeren Mengen schnell Übergewicht und entsprechende Folgeerkrankungen auslösen können.
- Fertiggerichte aufgrund der vielen Zusätze und der starken industriellen Verarbeitung möglichst meiden.
- Nicht auf Algen verzichten, da diese viele für Veganer knappe Nährstoffe enthalten.
- Nüsse sind für Veganer eine wichtige Proteinquelle und enthalten auch sonst viele gesunde Inhaltsstoffe. Allerdings sollte es aufgrund des hohen Fettgehalts nicht übertrieben werden.
Fazit
Veganismus bedeutet nicht, auf wichtige Nährstoffe zu verzichten. Diese Form der Ernährung zwingt einen lediglich dazu, bewusster zu essen und mehr darauf zu achten, alle wichtigen Nährstoffe aufzunehmen. Dies kann für jeden Menschen positive Effekte mit sich bringen. Vegetarier und Omnivore weisen aufgrund des Informationsdefizits bei Vitamin B12 (Veganer kennen das Problem zumeist) sogar häufiger einen Vitamin B12-Mangel auf. Auch andere Mangelerscheinungen sind bei einer einseitigen vegetarischen oder omnivoren Ernährung möglich. Grundsätzlich kann man also mit jeder der Ernährungsarten die eigene Gesundheit erhalten.
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Wie konzentriert sollte das Vitamin B 12 Supplement sein? Viele Grüße Norah