Vorbemerkung: Du findest diesen Artikel in einer überarbeiteten Version auch in meinem Ratgeber „Das Minimalismus-Projekt – 52 praktische Ideen für weniger Haben und mehr Sein“, der als Buch und E-Book bei Gräfe und Unzer (GU) erschienen ist.
Selbst kochen oder essen gehen? Exquisites Drei-Gänge-Menü, Wasser und Brot oder Tiefkühlpizza? Vegan, vegetarisch oder omnivor?
Genauso wenig wie es den einen Minimalismus und die eine Ernährung gibt, gibt es auch nicht die eine minimalistische Ernährung.
Du musst selbst herausfinden, welches Essen und Trinken (der einfach halber schreibe ich im Folgenden nur vom Essen) Dich und Deinen Körper (und andere) nicht belastet, Dir Genuss bereitet und Du am besten in den Alltag integrieren kannst.
Ich koche seit 30 Jahren mit Leidenschaft und beschäftige mich seit 10 Jahren intensiv mit der einfachen Lebensweise. Heute stelle ich Dir die Elemente vor, die für mich eine minimalistische Ernährung ausmachen.
1. Weniger essen
Bist Du untergewichtig oder eine Sportskanone, kannst Du zum nächsten Punkt springen. Wenn nicht, ist es wahrscheinlich, dass Du mehr Kalorien zu Dir nimmst, als Du verbrennst. Unser westlicher Lebens- und Ernährungsstil (ver)führt automatisch dazu. Weniger zu essen, muss man zunächst verstehen, dann wollen und sich schließlich zur Gewohnheit machen. Drei mögliche Ansätze: a) Reduziere nach und nach langsam die Portionen. Dein Magen schrumpft dadurch zwar nicht (wie oft behauptet wird), passt sich aber an, d. h. er „lernt“ mit kleineren Portionen auszukommen, was dazu führt, dass Du schneller gesättigt bist. b) Nimm Dir die Bewohner der japanischen Insel Okinawa als Vorbild. Sie essen nur so viel, bis sie sich zu 80 Prozent satt fühlen. Diese Mäßigung heißt „Hara Hachi Bu“ und ist dafür mitverantwortlich, dass auf Okinawa sowohl die Lebenserwartung als auch der Anteil der (gesunden) Hundertjährigen so hoch ist wie sonst nirgends auf der Welt. c) Iss langsam und achtsam (siehe auch 5. und 6. unten). Dein Hirn registriert erst nach 15 bis 20 Minuten, dass Du satt bist. Lässt Du Dir zu wenig Zeit, verpasst Du den Sättigungspunkt.
2. Mit wenigen Zutaten kochen
Rezepte mit meterlangen Zutatenlisten sind mir ein Graus und landen entweder im Papierkorb oder werden von mir gnadenlos minimalisiert. „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann“, sagte der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry. Aufs Kochen übertragen: Einfache Gerichte mit wenigen Zutaten sind oft die besten. Probiere doch mal meine Tomatensuppe mit Linsen und Buchweizen oder dieses Spinat-Kichererbsen-Curry aus. Oder kreiere selbst ein Mahl aus maximal fünf Zutaten – z. B. aus Haferflocken, Beeren, Haselnüssen, Zimt und Wasser oder aus Kartoffeln, Kürbis, gelben Linsen, Chili und Gemüsebrühe.
3. „Gute“ Lebensmittel verwenden
Ich könnte einen extra Blogartikel oder gar ein Buch darüber schreiben, was man unter guten Lebensmitteln versteht. Für mich sind das Zutaten, die den Esser, seinen Mitmenschen, den Tieren und der Umwelt so wenig wie möglich belasten oder noch besser so viel wie möglich fördern. Wenn Dir all die am Herzen liegen, solltest Du überwiegend pflanzliche, biologisch angebaute, regionale, saisonale und vollwertige Lebensmittel konsumieren. Dich erwartet eine große bunte Auswahl an frischem Gemüse, Obst und Kräutern, Kartoffeln, Getreide und Pseudogetreide, Hülsenfrüchten, Tofu, Tempeh, Nüssen und Kernen, Pflanzenmilch, frisch gepressten Säften, (gefiltertem) Wasser und Kräutertees. Diese einfachen guten Lebensmittel findest Du in jedem (Bio-)Supermarkt, in Unverpackt-Läden und auf dem Wochenmarkt. Die Ernährungspyramide und ein Saisonkalender sind hilfreiche Spickzettel für Deinen Einkauf. Tierliches, Alkohol und industriell hergestellte Nahrungsmittel wie Fertiggerichte, raffiniertes Öl, Weißmehlprodukte, Margarine und Süßigkeiten (also die desaströsen Dinge, die in vielen Einkaufswagen liegen) sollten in Maßen genossen werden.
4. Simple Zubereitung bevorzugen
Auch wenn ich gerne koche, habe ich selten Lust, stundenlang in der Küche zu stehen oder auf das Ende des Einweichens der Kichererbsen zu warten. Eine schnelle und unkomplizierte Zubereitung mit wenigen Küchenutensilien gehört einfach zu einer einfachen Ernährung dazu (wie auch der kleine Kompromiss, Kichererbsen aus der Dose oder dem Glas zu verwenden). Mehr als zwei Herdplatten hast Du dafür praktisch nie in Gebrauch. Oder wie wäre es mit einem One-Pot-Gericht wie meiner Kürbissuppe, diesem Ofengemüse oder einer Gemüse-Hirse-Pfanne? Die sind noch immer der letzte Schrei – weil sie jedem munden und der Abwasch danach nicht der Rede wert ist.
5. Langsam essen
Wir entscheiden uns heutzutage oft für ein Leben voller Termine, Aufgaben, Hektik und Stress. Kein Wunder, dass die Ernährung immer mehr zu einer schnellen Kalorienaufnahme verkommt. Langsam zu essen, ist ein Luxus, den sich Minimalisten bewusst leisten, weil er zu mehr Gesundheit, Genuss und Glück führt. Langsamkeit ist auch bei der Ernährung keine Zauberei, sondern eine Frage der Priorität und Gewohnheit.
6. Achtsam essen
Wo wir bei der Langsamkeit sind, ist es zur Achtsamkeit nicht weit. Dazu zählen, ohne Ablenkung im Singletasking zu kochen und zu essen sowie den Geschmack, den Geruch und die Struktur der Mahlzeit wieder wahrzunehmen. Meine Schwester Sabine empfiehlt diese Achtsamkeitsübung: „Nimm mindestens einmal am Tag die ersten fünf Bissen Deiner Mahlzeit bewusst und achtsam ein. Spüre zunächst in Dich hinein. Hast Du Hunger oder Appetit? In welcher Stimmung setzt Du Dich an den Tisch? Betrachte das Essen. Wie ist es zusammengesetzt? Woher stammen die Zutaten? Wie sieht das Essen aus? Führe dann einen Bissen zum Mund. Kannst Du Aromen und Gewürze riechen? Welche Empfindungen werden bei Dir ausgelöst? Nimm den Bissen in den Mund. Wie fühlt sich die Speise an? Wie ist die Konsistenz? Beginne jetzt zu kauen, aber kaue langsam. Wie fühlt sich das an, wenn die Nahrung zerkleinert wird? Wie schmeckt es? Wann entscheidest Du Dich zu schlucken? Was passiert, nachdem Du den Bissen geschluckt hast? Kannst Du jetzt noch neue Signale wahrnehmen – beispielsweise wie sich der Körper anfühlt oder ob sich die Gefühle verändern? Lasse alle Empfindungen zu, egal ob angenehm oder unangenehm. Nimm sie einfach nur wahr.“
7. Auch auswärts einfach essen
Zu einer minimalistischen Ernährung gehört also für mich, möglichst zuhause mit wenigen frischen und vollwertigen Zutaten ein schnelles Gericht zu kochen und dieses langsam, achtsam und genussvoll zu verzehren. Unterwegs ist das ebenfalls möglich. Folgendes hat sich bei mir bewährt und empfehle ich Dir: a) Nimm Reste vom letzten Essen zuhause mit (legst Du Messer und Gabel weg, wenn Du Dich zu 80 Prozent satt fühlst, wird öfter etwas übrig bleiben). b) Bereite etwas vor, z. B. eine Stulle mit einem Tomaten-Pistazien-Aufstrich oder Energieriegel. c) Hol Dir im nächsten (Bio-)Supermarkt oder auf dem Wochenmarkt ein paar einfache Leckereien und verzehre sie an einem ruhigen Plätzchen. Meine Favoriten: Gemüse und Obst der Saison, Oliven, getrocknete Tomaten, Nüsse, Brot und Baked Beans. Mit einer Tupperdose oder Schraubgläsern geht das weitgehend verpackungsfrei. d) Wenn Du mehrere Tage unterwegs bist, kannst Du eine Tupperdose, ein Schweizer Taschenmesser und einen Löffel mitnehmen und ohne Kocher Couscoussalat, Hummus und anderes zubereiten. e) Lokale mit gesunden veganen Optionen findest Du bei Happy Cow und Vanilla Bean. Alle rein veganen Restaurants in Bayern habe ich hier, die in Baden-Württemberg hier aufgelistet.
Bonus: Was Du durch eine minimalistische Ernährung gewinnst
Wenn Du die sieben Elemente der minimalistischen Ernährung in Dein Leben integrierst, ergeben sich mehrere Vorteile – für Dich und auch für die Welt:
- Mehr Gesundheit
- Mehr Zufriedenheit
- Mehr Klarheit
- Mehr Lebenszeit
- Mehr Achtsamkeit
- Mehr Nachhaltigkeit
- Mehr Empathie
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Mir gefällt Punkt 3 sehr gut :) Kürzer kann man die wichtigsten Punkte einer gesunden Ernährung kaum zusammenfassen! Und es ist in der Tat erschreckend einen Blick in die Einkaufswagen der meisten Leute zu werfen. Manchmal möchte ich sie am liebsten darauf ansprechen und fragen was los ist xD, mach ich natürlich nicht. Geht mich ja auch nichts an.. und doch finde ich es total traurig. Wir machen uns selbst kaputt und realisieren es nicht einmal!