„Mehr als jede andere Tugend betont der Buddhismus Uneigennützigkeit, die in Liebe und heilender Hinwendung Ausdruck findet.“ (Dalai Lama / Tendzin Gyatsho)
Vor einigen Jahren fuhr ich auf dem Weg nach China mit dem Rad durch Laos. Das kleine Land in Südostasien ist vor allem im Norden dünn besiedelt, mit tropischen Wäldern bewachsen und sehr bergig. Stundenlang kurbelte ich im kleinsten Gang in Serpentinen zum Pass hinauf, um anschließend im höchsten Gang hinab ins nächste Tal zu brausen.
In jedem laotischen Bergdorf lief mir ein Empfangskomitee begeistert winkender und „Sawadi“ rufender Kinder entgegen. Die meisten trugen nur Lumpen am Leib. Manche hatten aufgrund einseitiger Ernährung Hungerbäuche. Die Familien lebten in kleinen Bambushütten, die weder über Strom noch über fließendes Wasser verfügten. Das kostbare Nass gab es vom Brunnen in der Dorfmitte, der gleichzeitig als Treffpunkt der Gemeinschaft diente.
Besonders in Erinnerung blieb mir die Begegnung mit einem Jungen von vielleicht sieben Jahren. Er hatte pechschwarzes Haar und schien nicht ganz gesund zu sein. Keuchend wie ein alter Mann holte er mich auf der Dorfstraße ein und lief lachend neben mir her. Als er schließlich vor seinem Zuhause angekommen war, blieb er stehen. Ich stoppte ebenfalls. Neugierig betrachtete er mein Fahrrad, an dem fünf Taschen hingen. Ich öffnete eine der Taschen und kramte zwei Bananen hervor. Mit leuchtenden Augen nahm er sie entgegen, sagte „Thank you“, verschlang die kleinere der beiden Bananen und sauste hinüber zur Bambushütte seiner Familie. Dort wartete bereits sein kleiner Bruder. Auch dessen Augen leuchteten, als ihm der große Bruder keuchend die größere der beiden Bananen wie den Stab bei einem Staffellauf übergab.
Ich setzte mich wieder auf mein Rad und fuhr los. Der Junge und sein kleiner Bruder winkten mir lachend zu. Die zweite Banane war längst verputzt. Am Ende des Bergdorfs drehte ich mich kurz um. Die beiden Brüder waren auf die Veranda gestiegen, um mich möglichst lange sehen zu können. Noch immer winkten sie zum Abschied.
Ein wirklich schöne & rührende Geschichte, Christof! Die beiden im zweiten Foto sind aber nicht die Brüder, oder.
Nein, das sind nicht die Brüder. War aber eine ganz ähnliche Bambushütte.
Hallo Christof,
ich würde sagen eine typische Geschichte aus Asien (möglicherweise aber auch eine Geschichte aus den Gegenden in denen die Konsumgesellschaft noch nicht richtig angekommen ist).
Dieses Teilen, das an die Geschwister oder Eltern denken, habe ich schon oft erlebt. Sei es in Indien, Thailand oder in anderen asiatischen Ländern.
Wobei mir ein solches Verhalten allerdings meist in den eher ländlichen Gebieten aufgefallen ist. Besonders gut kann ich mich an solche Situationen in Ladakh und in Dschungeldörfern in Kalimantan erinnern.
Schöne Grüße
Volker
Hallo Volker,
Du bist ja auch schon ein wenig herumgekommen!
„eine Geschichte aus den Gegenden in denen die Konsumgesellschaft noch nicht richtig angekommen ist“ – das trifft es wohl sehr gut! Altruismus, Barmherzigkeit und Nächstenliebe – sowohl in der Familie als auch darüber hinaus – dürften in allen Religionen, Kulturen und Denkweisen verankert sein. Doch irgendwie verlieren wir nach und nach das Interesse an solchen Wertvorstellungen. Der Tand verdrängt die Tugend.
Viele Grüße aus Franken,
Christof
Hallo lieber Christof,
vielen Dank für deine „Wertesicht der Dinge“ auf unserem Planeten .. mach weiter so ..
just be simple, be less social for status, be yourself and help others!
Gruss aus der Südschweiz
Hans Rudolf
Hallo Christof,
vielen Dank für Deinen Hinweis auf diesen Beitrag.
Du beschreibst für uns, was Du mit dem Herzen siehst.
Nicht alle können das, aber wir werden immer mehr. :-)
Viele Grüße
Emi
Hallo Christof,
‚Der Tand verdrängt die Tugend.‘
Was für ein wahrer Satz!
LG
Susan
Hallo Hans, Emi und Susan,
vielen Dank für Eure Kommentare. Ich freue mich, wenn auch meine älteren Texte gelesen werden. Die meisten verlieren ja nicht ihre Aktualität – im Gegenteil!
EBG
Christof