
Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Dina Beier. Sie schreibt auf ihrem Blog richKind über das minimalistische Leben, unkomplizierte vegane Ernährung und Freiheit. Mit ihren Inhalten möchte Dina Menschen zu mehr Nachhaltigkeit und Selbstbestimmtheit inspirieren.
Minimalismus entsteht im Wohlstand
Kann sich jeder Minimalismus leisten oder ist das minimalistische Leben ein Konzept für Gutverdiener? Klar ist: Minimalismus entsteht im Wohlstand. Weniger besitzen und besessen werden, weniger Stress und weniger Erreichbarkeit sind Wünsche, die in einer Gesellschaft entstehen, die vom Überfluss geprägt ist.
Während meiner Studienzeit hatte ich nur wenig Geld. Viel Zeug hat sich bei mir über die Jahre trotzdem angesammelt. Hier auf Christofs Blog habe ich zum ersten Mal über Minimalismus gelesen. Danach habe ich angefangen, meinen Besitz zu reduzieren. Manches konnte ich verkaufen, einiges habe ich verschenkt. Das Ausmisten empfand ich als Befreiung.
Trotz meiner Geldsorgen habe ich damals freiwillig minimalistisch gelebt. Und auch heute ist es für mich eine freiwillige Entscheidung. Das unterscheidet mich von denjenigen, die einfach zu wenig finanzielle Mittel haben, um sich mehr als das Notwendigste zu leisten. Wer gezwungen ist, mit sehr wenig auszukommen, befindet sich in einer schwierigen Lage und hat wenig Entscheidungsfreiheit. Ein solcher erzwungener Minimalismus ist das Gegenteil einer bewusst gewählten Lebensweise und stellt für die Betroffenen eher eine Notlage dar. Insofern ist absichtlicher Minimalismus durchaus Luxus: Man muss es sich leisten können, bewusst auf bestimmte Dinge zu verzichten.
Verzichten, obwohl man es eigentlich nicht müsste. Verzichten, weil man verzichten will. Menschen, die sich für diese Lebensart entscheiden, haben die unterschiedlichsten Gründe:
- Konsumverweigerung: sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren, ohne abgelenkt zu werden oder dem Kaufrausch zu verfallen
- Umweltschutz: nur das kaufen, was man wirklich benötigt, um Müll und eine ökologische Belastung zu vermeiden
- Ethik: Ausbeutung und Kinderarbeit werden abgelehnt und Empathie denjenigen gegenüber gezeigt, die einfach leben müssen
- Freiheit und Freizeit: weniger Besitz bedeutet weniger Verpflichtungen und Kosten (für Aufbewahrung, Reparaturen, Reinigung etc.).
- Selbstexperiment: wie geht es mir damit, wenn ich bewusst auf überflüssigen Konsum verzichte?
- Persönlicher Geschmack: die einzelnen Gegenstände kommen in einer minimalistischen Wohnung oftmals besser zur Geltung, als in einer vollgestopften Bude
Minimalismus hat zwei Gesichter
Minimalismus ist ein Lebensstil. Minimalismus ist aber auch ein Trend, der seit einiger Zeit Facebook, Instagram & Co. erobert und immer mehr Menschen erreicht. Und das ist super und richtig so! Seit minimalistisch leben zum Trend geworden ist, gibt es allerdings auch Kritik an dieser Lebensweise. Denn so wie viele der spartanisch wirkenden, aber mit wenigen teuren Designerstücken eingerichteten Beispielwohnungen aus diversen Blogs und in den sozialen Medien präsentiert werden, sieht das nicht unbedingt nach einer bescheidenen Lebensweise aus. Es sieht halt nach einem Trend aus.
Dabei ist Minimalismus ein Statement. Er steht für mehr Nachhaltigkeit, Selbstbestimmtheit und Freiheit.
Der Unterschied zum Trend-Minimalismus, der sich auf hochpreisige Einzelstücke bezieht, liegt im bewussten und nachhaltigen Konsum. Indem Du Second Hand kaufst, Dinge ausleihst anstatt sie zu besitzen, Autos sparsam und kollektiv nutzt, ganz einfach weniger konsumierst als der Durchschnittseuropäer und dabei auch noch glücklich und zufrieden bist, zeigst Du: Ein gutes Leben mit weniger Konsum ist möglich und wirkt sogar befreiend. Wie meine eigenen Erfahrungen zeigen, ist Minimalismus kein Konzept für Gutverdiener. Im Gegenteil: Mit bewusstem Konsum und der Entscheidung für weniger kannst Du viel Geld sparen.
Weniger ist mehr – nicht nur für Privilegierte
Für viele beginnt es mit dem Entrümpeln von Gebrauchsgegenständen, Haushaltsgeräten oder Kleidung, die schon lange nicht mehr verwendet werden. Plötzlich erkennt man, dass die verkauften oder verschenkten Gegenstände nicht fehlen, sondern ganz im Gegenteil nach dem Ausmisten ein Gefühl der Entlastung und Befreiung eintritt. Es ist wieder mehr Platz vorhanden, die verbliebenen Dinge lassen sich übersichtlicher verstauen und auch optisch wirkt die Wohnung aufgeräumter und weniger überladen.
Das macht dann oft Lust auf mehr. Man beginnt darüber nachzudenken, was und wie viel man eigentlich wirklich benötigt und worauf man ohne Weiteres verzichten könnte. Fakt ist: Auch mit wenig finanziellen Mitteln kann man zu viel kaufen und zu viel besitzen. Wir neigen dazu, Dinge anzusammeln, die wir kaum oder gar nicht nutzen. Das beginnt schon bei der Bekleidung. Kaum jemand trägt alles, was im Schrank herumhängt.
Wer das entrümpelte Zeug nicht ständig nachkauft, spart außerdem eine Menge Geld – und es soll ja schließlich auch darum gehen, die verfügbaren finanziellen Mittel nicht für „unnötigen Luxus“ auszugeben, sondern für Dinge, die man selbst als sinnvoll empfindet.
Minimalismus: Luxus der besonderen Art
Luxus gibt es nicht nur im Außen, sondern auch im Innen. Luxus bedeutet nicht nur gigantische Villen, teure Autos und jede Menge Designerklamotten, sondern auch, sich wohl zu fühlen und sein Leben in vollen Zügen zu genießen. Luxus kann auch immateriell sein. Ohne Übermaß an Kleidung und anderen Kram, ohne jährliche Flugreisen, ohne Individualverkehr. Aber freiwillig – für mehr Zeit, Platz und innere Ruhe.
Nicht jeder empfindet viel Besitz als Luxus. Für manche ist diese Lebensart erdrückend. Und genau diese Menschen sind es, die zeigen, dass auch ein minimalistisches Leben Luxus ist. Denn sie sind glücklich, leben selbstbestimmt und beweisen, dass der Überfluss, den Luxus verkörpert, nicht immer materiell sein muss.
Minimalistisch zu leben ist Luxus pur! Nur eben eine ganz andere Facette von Luxus, als Du sie häufig aus den Medien gewohnt bist. Ob ein einfacher Lebensstil die passende Seite der Luxus-Medaille für Dich ist, kannst nur Du wissen. Sich dem Thema bescheidenes Leben zu widmen, lohnt sich jedoch. Ganz besonders mit wenig Geld im Portemonnaie. Denn dabei kannst Du viel über Dich und darüber lernen, was wirklich wichtig für Dich ist.
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Vielen Dank Dina,
für die eindrücke.
Bin gerade am Planen im Auto zu wohnen.
Kaufe mir noch eine Toilette, auf dem Campingplatz dann entleeren, macht Sinn.
Wäsche waschen, weis ich noch nicht. Find ich aber auch noch eine Idee.
Mal sehen, Wenns anläuft. Alles lässt sich auf diesem Planeten regeln.
Vielleicht anders als gedacht. Nochmals danke.
Bleib Gesund
Andal