„Anstrengungen machen gesund und stark.“ (Martin Luther)
Die häufigste Frage, die mir zu meiner Alpenüberquerung gestellt wurde, lautete: „Wie hast Du trainiert, um täglich bis zu neun Stunden gehen zu können und die vielen An- und Abstiege zu schaffen?“ Bisher antwortete ich: “Praktisch gar nicht”. Abgesehen von zwei Proberunden habe ich mich für meine letztjährige Tour nach Venedig nicht vorbereitet. Allerdings bin ich auch nicht in München, sondern von zuhause in Forchheim gestartet. Ich vertraute auf die alte Weisheit, dass die Fitness beim Laufen kommt. Als es in Lenggries ins Hochgebirge ging, war ich bereits zwei Wochen durchs Mittelgebirge und Flachland gewandert. Körper und Geist waren bereit, die Herausforderung anzunehmen.
Ganz anders schaut es bei der diesjährigen Alpenüberquerung Salzburg-Triest aus, die ich zusammen mit meiner Freundin Stephi Ende des Monats probiere. Fitness ist hier vom ersten Tag an gefordert. Kaum ist die Stadtgrenze von Salzburg erreicht, geht es schon ins Hochgebirge. Da wir zudem nur 23 Tage Zeit haben, werden die Etappen entsprechend lang sein, länger sogar als auf dem Traumpfad München-Venedig.
Ich komme in diesem Jahr also nicht umhin, mich gezielt vorzubereiten. Sechs Wochen Training erschienen mir ausreichend. Nachdem ich nun bereits zweieinhalb Wochen im „Trainingslager“ bin, verrate ich heute, wie ich mich fit mache.
- Wandern, wandern, wandern. Das A und O ist genügend Kondition aufzubauen, um die täglichen Strapazen in den Alpen bewältigen und über Nacht regenerieren zu können. Ich mache in der Vorbereitung pro Woche drei Wanderungen. Deren Länge steigere ich von anfänglich 20 km auf bis zu 30 km. In der Woche vor dem Start nehme ich die Intensität wieder etwas zurück. Es kommt mir zugute, dass ich derzeit sowieso Touren für mein zweites Wanderbuch laufen muss. Wer zeitlich weniger flexibel ist, kommt auf einer flotten Feierabendrunde ebenfalls auf 20 km.
- Möglichst viele Höhenmeter einbauen. Oft sind es gar nicht die Kilometer, die dem Wanderer in den Alpen zu schaffen machen. Es sind die über 1.000 Höhenmeter pro Etappe, die weh tun. Dies gilt es bei der Trainingsplanung zu beachten. Hier in der Fränkischen Schweiz kann man auf Steigen einen Berg nach dem anderen erklimmen, um an einem Tag 1.000 und mehr Höhenmeter zu sammeln. Das kommt dann einer Etappe im Hochgebirge schon recht nahe, auch wenn die Länge der An- und Abstiege sowie die dünne Höhenluft nicht simuliert werden können. Wer im Flachland oder in der Großstadt lebt, findet sicher einen Hügel oder Turm, der mehrmals in Folge bestiegen werden kann.
- In voller Montur laufen. Um eine möglichst authentische Belastung zu erreichen, wandere ich mit der Ausrüstung, mit der ich in Salzburg starten werde, also in Bergschuhen, mit gepacktem 32 Liter Rucksack und mit Trekkingstöcken. Dies hat gleich mehrere Vorteile. Erstens gewöhne ich mich frühzeitig an die fremde Last. Zweitens stärke ich neben der Beinmuskulatur auch die Hüft-, Rücken- und Armmuskulatur. Und drittens merke ich, ob meine Ausrüstung taugt, und kann sie ggf. optimieren. Man sollte nicht nur bei Sonnenschein trainieren, sondern auch, wenn es mal kalt ist oder regnet. Nichts ist ärgerlicher, wenn sich erst in den Bergen herausstellt, dass die Regenjacke nicht wasserdicht ist.
- Für zusätzliche Bewegung sorgen. Wer die Alpen in einem Monat überqueren möchte, wird nur selten einen Ruhetag einlegen können. Stephi und ich werden uns wahrscheinlich mit einem einzigen begnügen, damit wir nach 23 Etappen das Mittelmeer zu Gesicht bekommen. Um diesem täglichen Marschieren gewachsen zu sein, versuche ich mich in den sechs Vorbereitungswochen auch an den Tagen viel zu bewegen, an denen ich nicht zum Wandern komme. Täglich 10.000 Schritte sollten es schon sein. Darüber hinaus ist alles erlaubt, was den Bewegungsapparat stärkt und die Kondition verbessert, Joggen und Trailrunning etwa oder gelenkschonendere Sportarten wie Schwimmen, Radfahren und Walken.
- Sich ausgewogen ernähren. Eine gesunde Ernährung ist Grundlage für einen leistungsfähigen Körper. Sie ist mir in den Wochen vor der Alpenüberquerung noch wichtiger als sonst. Als Vegetarier und Teilzeit-Veganer achte ich auf die Zufuhr aller Nährstoffe. Für den Muskelaufbau sollte man ausreichende Mengen Protein essen. Pflanzliche Proteinquellen sind Sojaprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen. Ich kombinieren diese mit viel Gemüse oder Obst, Kohlenhydraten wie Vollkornbrot, Nudeln und Kartoffeln, hochwertigen Pflanzenölen, Gewürzen und frischen Kräutern. Das schmeckt und gibt Kraft für die Berge.
- Auf Alkohol verzichten. Bier und Wein haben reichlich Kalorien und reduzieren die Leistungsfähigkeit. Obwohl ich kein Asket bin, verzichte ich in den sechs Wochen der Vorbereitung fast komplett auf Alkohol. Sobald Stephi und ich auf dem Weg nach Triest sind, werden wir uns sicher ab und zu am Etappenziel mit einem leichten Weizen belohnen.
- Körpergewicht reduzieren. Ich bin ein leptosomer Typ, nehme aber an Bauch und Hüfte schnell ein paar Pfunde zu. Da jedes Übergewicht auch über die Berge gewuchtet werden muss, habe ich mir zum Ziel gesetzt, im Vorfeld Fett zu reduzieren, Muskeln aufzubauen und zwei Kilogramm zu verlieren. Nach nicht einmal der Hälfte der Vorbereitungszeit ist bereits ein Kilogramm runter. Ein paar Reserven kann man aber ruhig haben. Im letzten Jahr verlor ich zwischen München und Venedig mehr als fünf Kilogramm Körpergewicht.
Meine Ratschläge zeigen, dass es kein Hexenwerk ist, gut trainiert zu starten. Für die meisten gesunden Menschen, die regelmäßig wandern und durchschnittlich leistungsfähig sind, sollten ein paar Wochen Vorbereitung genügen. So wird die Alpenüberquerung nicht zur Tortur, sondern zur Tour des Lebens.
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Da habt ihr ja ein straffes Programm. Ich denke ohne Vorbereitung geht es kaum. Ich möchte nächstes Jahr auch über die Alpen wandern. München-Venedig oder Salzburg-Triest. Fange schon jetzt mit der Vorbereitung an. Da kamen mir Deine Ratschläge genau recht. Danke!