„Gibt es ein Leben nach dem Auto?“ (Manfred Hinrich, deutscher Aphoristiker, *1926)
Ich war ja nie ein Auto-Aficionado. Mit 19 kaufte ich für 500 Mark einen VW Jetta. Vier Wochen später war die Kiste reif für den Schrottplatz. Ich hatte erst mal genug von Autos.
17 Jahre später machte ich mich mit einem Webshop für Second Hand Schallplatten selbstständig. Als die Geschäfte gut liefen, ging es nicht mehr ohne fahrbaren Untersatz.
Ich besorgte mir einen südkoreanischen Kleinstwagen, der mir fünf Jahre treue Dienste leistete. Richtig warm wurde ich mit dem Gefährt(en) nie, oft war er mir ein Klotz am Bein. Trotzdem behielt ich das Auto, auch als ich den Webshop wieder aufgab. Jederzeit überall hinfahren zu können, ist bequem und macht bequem. Diese vermeintliche Freiheit müssen wir teuer bezahlen und zwar nicht nur mit Geld.
Im Mai diesen Jahres siegte meine Vernunft über meine Bequemlichkeit und trennte ich mich von dem Auto. Es war eine Umstellung. Nach und nach (wieder)entdeckte ich die positiven Seiten daran. Aber lies selbst, was alles passiert ist, seit ich mein Auto verkauft habe.
Mehr Geld & Möglichkeiten
- Ich habe für das fünf Jahre alte Auto noch 4.700 Euro bekommen.
- Ich spare jeden Monat 200 Euro. Laut meinem Haushaltsbuch hat mich mein Fahrzeug im letzten Jahr bei einer Laufleistung von nur 5.000 Kilometern 250 Euro pro Monat gekostet. Nun gebe ich für meine Mobilität keine 50 Euro aus.
- Ich kann weniger arbeiten und habe mehr Möglichkeiten, da ich Rücklagen gebildet habe und weniger ausgebe.
Mehr Bewegung & Gesundheit
- Ich sitze weniger.
- Ich erledige viele Besorgungen zu Fuß.
- Ich komme locker auf die empfohlenen 10.000 Schritte täglich.
- Ich habe nach sieben Jahren mein Fahrrad wieder startklar gemacht und mache damit Besorgungen, die mehr als fünf Kilometer entfernt liegen.
- Ich bin mit Stephi acht Tage durchs herbstliche Nordbayern geradelt.
- Ich trainiere Herz, Kreislauf und den Bewegungsapparat mehr als zuvor.
- Ich bin weniger gestresst.
- Ich habe neuen Antrieb gewonnen.
- Ich wiege zum ersten mal seit 15 Jahren wieder unter 80 Kilogramm.
Mehr Nachhaltigkeit & Tierschutz
- Ich verursache 600 kg CO2-Emissionen weniger pro Jahr.
- Ich konnte meinen ökologischen Fußabdruck um über 10 Prozent reduzieren.
- Ich habe einen Schritt in die Postwachstumsökonomie gemacht.
- Ich habe Hunderte Insekten und andere Tiere gerettet, da sie nicht durch mein Auto zu Tode gekommen sind.
- Ich fühle mich stärker mit der Natur verbunden als zuvor.
- Ich verursache weniger Lärm.
- Ich möchte nächstes Jahr mit der Bahn oder dem Bus nach Berlin und müsste nur einmal umsteigen. Dort würde ich den Supermarkt ohne Verpackungen besuchen, einen Stadtrundgang durch das alternative Berlin machen und testen, ob Berlin wirklich die vegan-freundlichste Stadt Deutschlands ist.
Mehr Kontakte & Kommunikation
- Ich unterhalte mich beim Gehen und Radfahren und in den öffentlichen Verkehrsmitteln öfter als zuvor im Auto.
- Ich komme mit Menschen in Kontakt, die ich sonst nicht getroffen hätte.
- Ich lade Stephi oder Freunde zum Essen oder zu einem Getränk ein, wenn sie mich in ihrem Fahrzeug mitnehmen.
Mehr Freiheit & Glück
- Ich bin mit Stephi aufs Land gezogen, obwohl es zum nächsten Supermarkt fünf Kilometer sind.
- Ich stehe nicht mehr im Stau, sondern warte höchstens mal auf Bus oder Bahn (und lese dabei ein Buch).
- Ich muss mich nicht mehr mit der Parkplatzsuche herumärgern.
- Ich erledige weniger Papierkram, da ich Kfz-Haftpflichtversicherung, Kaskoversicherung, Kfz-Steuer und ADAC-Mitgliedschaft kündigen konnte.
- Ich muss weder zum Tanken noch zum Waschen noch in die Werkstatt noch zum TÜV.
- Ich besitze weniger und lebe mehr.
- Ich habe ein besseres Gewissen.
- Ich bin glücklicher.
Wie hat sich Dein Leben verändert, seit Du Dein Auto verkauft hast? Oder brauchst Du es wie Stephi aus beruflichen Gründen und versuchst Deine Jahreskilometer zu reduzieren?
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Ich stimme mit allen Deinen Punkten überein. Wir sind eine dreiköpfige, autofreie Familie – als Familie schon immer autofrei (6 Jahre), mein Mann seit ca. 25 Jahre und ich seit 13 Jahre… autofrei. Mit Deinen Wörtern bringst Du es echt auf dem Punkt: „… macht bequem. Diese vermeintliche Freiheit müssen wir teuer bezahlen und zwar nicht nur mit Geld.“ Wenn nur mehr Leute den Mut zur diesen Änderung hätten… schön dass Du es thematisiert :)