Wie ich auf Reisen den Minimalismus schätzen lernte

31. Oktober 2013 - von Christof Herrmann - 31 Kommentare

Wie ich auf Reisen den Minimalismus schätzen lernte - Foto: Auf Radweltreise in Australien (Dagmar Dillen, 2006)

„Nun glaub ich auf dem rechten Wege zu sein, da ich mich immerfort als einen Reisenden betrachte, der vielem entsagt, um vieles zu genießen.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Auch wer mit dem minimalistischen Leben nichts am Hut hat, führt wahrscheinlich eines auf Zeit ein oder zwei Mal im Jahr. Auf Reisen kehren wir dem Ballast den Rücken. Wir nehmen nur wenige Dinge mit, beschränken den Kontakt auf unsere Liebsten und tun ausschließlich das, was uns wichtig ist. Genau darum geht es im Minimalismus. Ob es sich um einen Strandurlaub, eine Städtereise oder Outdoor-Aktivitäten handelt, spielt dabei keine Rolle.

Mit wenig Gepäck durch Europa

Dass gerade die Einfachheit Reisen unvergesslich macht, wurde mir bewusst, als ich in den 90er Jahren als Student mehrmals mit dem InterRail-Ticket unterwegs war. Mit einem Schlafsack und etwas Kleidung im Rucksack fuhr ich mit dem Zug von Amsterdam nach Athen und von Finnland nach Faro. Ich besuchte Orte, an die ich mich heute erinnere, als wäre ich gestern dort gewesen. Ich lernte Menschen kennen, mit denen ich heute noch befreundet bin.

Dinge anhäufen oder Dinge tun

Dieses Gefühl der Freiheit daheim zu bewahren, ist nicht einfach. Ich erfuhr dies am eigenen Leib. Nachdem ich das Studium abgeschlossen hatte, wurde mein Leben immer komplizierter. Ich arbeitete in einem Job, der mir keine Freude bereitete. Ich pflegte im aufkommenden Internet- und Handy-Zeitalter zu viele Bekanntschaften. Und ich häufte Dinge an, anstelle Dinge zu tun.

Radweltreise: Minimalismus pur

Nach fünf Jahren hatte ich von all dem genug. Ich kündige Job und Wohnung und ging auf Weltreise. Von Februar 2006 bis Juli 2007 radelte ich 20.000 Kilometer durch 13 Länder und drei Kontinente. Alles, was ich brauchte, steckte in fünf Fahrradtaschen. Ich schlief im Zelt oder in schlichten Unterkünften und kochte auf einem kleinen Benzinkocher oder aß mit den Einheimischen in Garküchen. Das minimalistische Nomadendasein stellte das Essentielle in den Mittelpunkt: Die Begegnungen mit den Menschen am Straßenrand, die Exotik der fernen Länder, die Natur mit all ihrer bedrohten Schönheit.

Die Leichtigkeit der Einfachheit

Nach dieser anderthalbjährigen Reise war ich vernarrt in die Leichtigkeit der Einfachheit. Mit Hilfe des Minimalismus wollte ich das Maximale aus meinem Leben herausholen. Es dauerte zwar eine Weile, bis ich wusste, was das Maximale, also das mir Wichtige, überhaupt bedeutet, doch dann konnten die Fesseln umso leichter abschütteln. Ich trennte mich von 4.000 Tonträgern und vielen anderen Dingen, wurde Vegetarier, später Veganer, zog zurück in meine fränkische Heimat, hängte meinen ungeliebten Job an den Nagel, machte mich als Autor selbstständig, startete diesen Blog …

Minimalismus als Weg

Für mich ist Minimalismus weniger ein Ziel, sondern ein Weg, den man geht, ohne je anzukommen. Selbst wenn man lernt, Ballast zu erkennen, wird man sein Leben nicht frei davon halten können. Es gibt immer Dinge, Verpflichtungen und Beziehungen, von denen man sich trennen möchte. Zum Glücklichsein bedarf es ansonsten wenig. Das erlebe ich noch immer auf meinen Reisen. Wie schon im letzten Jahr, ging ich auch heuer mit wenig Gepäck über die Alpen. 23 Tage lang reduzierten sich meine Bedürfnisse auf frische Luft, einen Teller Gemüse, Wasser zum Trinken, einen Platz zum Schlafen, ein paar liebe Menschen und die Vision, dieses grandiose Gebirge zu überqueren. Als ich schließlich das Mittelmeer erreichte, erkannte ich, dass diese Bedürfnisse nur Varianten unser aller alltäglichen Bedürfnisse waren.

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31 Kommentare für “Wie ich auf Reisen den Minimalismus schätzen lernte”

  1. Hallo Christof,

    ich kenne auch dieses tolle Gefühl mit Rücksack und Interrail-Ticket durch Europa zu reisen. Alles dabeizuhaben, was man braucht (und doch immer noch zuviel).

    … bis ich das in den Alltag übertragen habe, hat es dann noch eine Weile gedauert.

    Viele Grüße,
    Anja

  2. Hallo Christof,
    Deine Artikel finde ich sehr schön, weil sie interessant geschrieben sind und viele wertvolle Hinweise erhalten.
    Sicherlich kann man nicht alles gleich anwenden, aber man lernt von Deinen Erfahrungen und kann vieles, auch im täglichen Leben, nutzen.
    Ich bedanke mich, wünsche Dir weiterhin beste Gesundheit und viel Erfolg.
    Viele Grüsse sendet Dir,
    Christian Berger.

  3. @Anja
    Das InterRail-Ticket gibt es übrigens noch immer und längst ist es ohne Altersbeschränkung. Eine meiner Meinung nach einfach bewusste und bewusst einfache Art Europa kennenzulernen, die leider etwas in Vergessenheit geraten ist, seit wir für 19 EUR nach Rom fliegen können. Vor zwei Jahren wollte ich eigentlich mit einem Freund noch mal auf InterRail-Tour gehen. Nachdem er mir dann aber abgesagt hat, lief ich stattdessen zu Fuß von Forchheim nach Venedig :-)

    @Christian
    Danke für Deine herzlichen Worte! Wünsche Dir auch alles Gute und vielleicht klappt es einmal mit einer gemeinsamen Wanderung. Meld Dich doch, wenn Du in der Franken bist.

  4. Hi Christof,

    Du schreibst meinem Mann und mir aus der Seele. Vielen Dank, denn das durch das Reisen entstehende Gefühl der Leichtigkeit und Genügsamkeit wohnt seit einer Asienreise in unseren Herzen. :-)
    Nicht nur, mit äußerst wenigen Dingen glücklich zu sein, sondern auch die Lebensweise und Zufriedenheit Menschen anderer Kulturen, welche in Schwellen- oder sogar Entwicklungsländern leben, lassen Minimalismus im eigenen Alltag erstrebenswert werden. Der Blick wird klarer für das Wesentliche, für das Menschliche.
    Als wir übrigens das erste Mal von einer langen minimalistischen Reise zurückkehrten, staunten wir nicht schlecht, in welchem Luxus wir eigentlich leben!

    Viele Grüße
    Emi

  5. Ich geh den Weg des Minimalismus Schritt für Schritt, einen radikalen Schnitt zu machen, schaffe ich nicht und ich weiß auch nicht wie weit ich es schaffen werde minimalistisch zu leben.
    Zum Beispiel misste ich regelmäßig aus, ich verschenke gelesene Bücher, werfe alte Zeitschriften weg, gebe Kleidung in die Kleidersammlung, Spende Sachen an Refugio und überlege mir zwei mal, ob ich mir wirklich etwas neues kaufen soll, ob ich es wirklich brauche oder ob es einfach nur Balast ist.

  6. @Emi
    Habe ich auf meinen Reisen ähnlich erlebt wie ihr. Zufriedenheit hat nichts mit dem Kontostand zu tun. Menschen, bei denen es kaum zu Leben reicht, scheinen oft glücklicher zu sein als wir im Überfluss Lebende. Erstaunt, ja sogar berührt und inspiriert, hat mich auch die Selbstlosigkeit eines Jungen in Laos.

    @Miss Perfekt
    Ich gehe den Weg des Minimalismus auch eher mit Babyschritten anstelle Känguruhsprüngen. Manchmal macht man auch einen Schritt zurück, um dann wieder zwei nach vorne zu gehen.

  7. Hallo Christof!

    Du schreibst mir aus der Seele, v.a. das Übertragen dieses wunderbaren Minimalismus in den Alltag finde ich auch immer am allerschwersten.
    Es tut gut, dass es Gleichgesinnte wie dich gibt!

    Schöne Grüße aus Nürnberg
    Petra

  8. Hallo Christoph!

    ich bin über natur.de auf deinen Artikel hier gestossen. Der Begriff Minimalismus ist neu für mich. Aber die Idee fasziniert mich. Schreib doch bitte mehr darüber. Habe mich auch in den Newsletter eingetragen.

    Danke für deine weisen Worte!

    Simon aus Köln

  9. Ich habe den Minimalismus auch auf Reisen „gelernt“. Mittlerweile lebe ich schon seit Jahren minimalistisch, aber Artikel wie deiner machen mir bewusst, wie sehr das mein Leben bereichert – Danke!

  10. Lustig, wieviele Gleichgesinnte es doch gibt…;-)
    Bin durch einen Zufall auf Deinen Blog gestossen und (wieder mal) erstaunt, dass ich nicht ein ganz so seltenes Exemplar der Minimalismus-Gattung bin ;-)

    Auch ich bin durch eine längerer Reise endgültig auf den Minimalismus als Lebensprinzip gekommen…
    Davor „hatte“ ich alles, was man sich nur denken kann: Eigene Firma, schicke Wohnung, grosses Auto, Geld….
    Doch irgendwie war ich immer „krank“, nie wirklich dauerhaft froh, irgendwie immer leerer. Viele Jahre habe ich das gar nicht verstanden, war ahnungslos, hilflos, bis der Körper endgültig anfing zu streiken, damals mit 36 Jahren. Hab mich dann noch einige Jahre mit der Firma gequält, aus verschiedensten Gründen das ganze aber dann 2009 beendet und die Firma liquidiert.
    Als das alles erledigt war, bin ich mit dem Auto einfach auf unbestimmte Zeit losgefahren (ja ich weiss, das ist sicherlich nicht nachhaltig, aber irgendwie muss man sich ja Stück für Stück entwickeln ;-) ). Jedenfalls war ich drei Monate in Südwesteuropa unterwegs, nur mit Auto, nem Rucksack voller Klamotten und meinem Fotorucksack. Mehr oder weniger ziellos da rumgereist, dort geblieben wo ich wollte, solange wie ich wollte usw.
    Und – mir fehlte NICHTS, kein Stück.

    Abgesehen davon, dass ich in dieser Zeit mich selber „wiedergefunden“ habe – mir hat es wirklich an NICHTS gefehlt. Und als ich dann nach nem Vierteljahr zurück nachhause kam, war mir alles fremd. Ich konnte mit meiner Wohnung nichts mehr anfangen, alles erschien mir irgendwie nutzlos (und ich war eh nie einer, der irgendwie viel Zeug hat – dachte ich immer…). Ich wollte plötzlich nicht mehr dem Geld nachrennen um immer mehr Kosten für Miete etc decken zu können, sondern habe den Hebel an der anderen Seite angesetzt – eben an der Kostenseite.

    Um es ein bisschen kurz zu machen jetzt – es war erstaunlich, was man immer noch entsorgen, verkaufen und verschenken kann, obwohl man der Meinung ist schon wenig zu haben ;-)

    Ich habe mein Leben komplett geändert, lebe heute „bescheidener“ – eben minimalistisch, arbeite als Freiberufler, (meistens) nach meinen Vorstellungen und finde es absoluten Luxus, selber entscheiden zu können, was und in Grenzen wieviel ich tue. Nehme mir viel Zeit für mich, meine Hobbies, Rumreisen usw – das „Verzichten“ auf grossse Wohnung, Autos und so empfinde ich dabei auch nicht als Verzichten. Ganz im Gegensatz zu einem Teil meines Umfelds, in dem ich ebenfalls „aufgeräumt“ habe.

    Ich betrachte mich als frei, verdiene mein eigenes Geld, bin von niemandem abhängig, muss nicht den Tag im Büro hocken und mich nicht mit irgendwelchen finanziellen Verpflichtungen wie hohen Mieten, Schulden usw hherumplagen usw – weiss dass viele darauf neidisch sind, aber sich im Kopf nicht von ihren alten Denkmustern lösen können.

    Werde auch Deinen Blog hier beobachten, Herr Namensvetter ,-)

  11. Hallo Frank,

    ich habe soeben Deinen Kommentar mit einem breiten Lächeln im Gesicht gelesen. :-)

    Du bist den Weg bereits gegangen, den mein Mann und ich grade beschreiten. Zwar haben wir nicht das Glück eine eigene Firma zu besitzen, haben jedoch nicht wenig in unserem Leben geleistet. Und nun? Wollen wir nur noch für uns etwas leisten und reisen.

    Minimalismus und Downshifting ist dafür DIE Lösung. Wir machen das jetzt seit ca 2 Jahren und wie du bereits berichtest: Du findest Dich auf diesem Weg selbst wieder.

    Auf unserem Blog berichten wir über diese Erfahrungen.

    Wenn Du magst, würden wir gerne mit Dir in Kontakt treten und mehr über Deine Geschichte erfahren…?

    Viele Grüße
    Jack & Emi

  12. Moin Emi ;-)

    ja, Euren Blog hatte ich auch schon entdeckt, ich sag ja – bin ganz verwundert wieviele sich in der „Minimalismus-Szene“ tummeln ;-)

    Nur zur Klarstellung: Die Firma HATTE ich, und ich empfinde das nicht als besonders herausragende Leistung, auch nicht im Rückblick.

    Wer will bewerten (und wie?), wer wieviel „geleistet“ hat, was das „Wert“ ist? Wie soll man das womitt vergleichen? Viele definieren sich und ihren „Selbstwert“ über ihren Beruf bzw das, womit sie ihr Geld verdienen.

    Meine Freundin zB ist Physiotherapeutin, eine sehr engagierte, und hat aufgrund einiger Spezialisierungen mit vielen Menschen zu tun, deren Krankheiten weit über einen verhältnismässig banalen Beinbruch o.ä. hinausgehen. DAS was sie menschlich und fachlich jeden Tag leistet, finde ich zB eine echte Leistung und „mehr wert“ als eine eigene Handels-GmbH zu haben. Ist aber wieder ein anderes Thema, auch weil auch meine Freundin aufgrund der beruflichen Verausgabung mehr oder weniger auch am Ende ihrer pysischen und psychischen Kräfte ist.

    Was, um auf das eigentliche Thema zurückzukommen, den „Minimalismus“ angeht, so ist er für mich nur Mittel zum Zweck, und ich finde in den für mich neu entdeckten Blogs Gedanken wieder, die ich selber mir schon vor 5 Jahren „erarbeitet“ und erfahren hatte. Was ich an Zeugs nicht brauche, muss ich nicht kaufen, keine Zeit damit verbringen es anzuschaffen, muss es nicht pflegen, räumen, wegräumen, „verwalten“, wieder verkaufen usw, und kann die gewonnene Zeit und das „gesparte Geld“ in andere, mir wichtigere Dinge wie zB das Reisen INVESTIEREN (sic!).

    Naja, ist ein weites Thema, vielleicht sollte ich auch anfangen dazu zu bloggen *gg*

  13. Du hast mit allem, was du sagst 100% recht! Würde mich freuen, wenn du einen Blog startest… :-D vor allem deine Erfahrungen nach all den Jahren, interessieren mich brennend.
    Viele Menschen haben ja Angst vor solch einem Schritt, weil sie Zweifel bezüglich Altersvorsorge und Krankenversicherung haben. Andere haben Kinder oder Kredite zu tilgen und können sich deshalb nicht vollständig lösen. Kannst auch bei uns was bloggen, wenn du nicht gleich was eigenes starten möchtest ;-)

    Der wirkliche Wert einer Arbeit wird in Deutschland nicht honoriert. Man denke als weiteres Beispiel nur an Krankenpfleger/innen oder Altenpfleger/innen, die sehr wenig monetäre Gegenleistung für ihre Arbeit erhalten. Diese hat jedoch immensen emotionalen und sozialen Mehrwert im Vergleich zu der eines Managers. Ganz zu schweigen von den emotionalen Belastungen, die deine Freundin ja ebenfalls erfährt.
    Und es stimmt: Du BIST NICHT dein BERUF.

    Ich habe lange in einem großen Konzern gearbeitet und ebenfalls lernen müssen, dass berufliche, aber auch private „Leistungen“ und somit auch die reine Erfüllung gesellschaftlicher Erwartungen nicht ICH sind.
    Vor allem machen sie nicht glücklich…und es ist einfach von allem (Job, Hobbys, Pseudo-Freunden, Verpflichtungen, Selbstoptimierungen) viel zu viel für ein glückliches, erfülltes und selbstbestimmtes Leben.

    Na ja, dir weiterhin viel Spaß mit deinem Luxus-Leben! :-)

  14. Hallo Emi, hallo Frank,

    ich habe mich zurückgehalten, aber natürlich mit viel Interesse Eure Berichte (fast schon Lebensgeschichten) gelesen. Schön auch, dass ihr Euch untereinander vernetzt und über den Minimalismus bloggt (bzw. in Franks Fall es vielleicht in Zukunft tut ;-)).

    Ich teile absolut Franks Meinung, dass der Minimalismus mehr „Mittel zum Zweck“ ist. Das einfache Leben ist kein Hobby oder Punkt auf der toDo-Liste, sondern eine Lebenseinstellung, die einem viele Türen öffnen kann. Dies ist der Grund, warum ich nicht nur über dieses Thema schreibe, sondern auch über Wandern/Outdoor, Nachhaltigkeit, Tierschutz/Vegetarismus/Veganismus usw. Oft hängen die Themen eng miteinander zusammen, auch wenn ich nicht explizit darauf hinweise (etwa meine Tour zu Fuß über die Alpen mit wenig Gepäck und viel Zeit).

    Einfach bewusste Grüße

    Christof

  15. kleinstadtprinzessin , welche der oben genannten Reisen meinst Du denn? Die InterRail-Touren, die Radweltreise, Mehrtagestouren in Mittelgebirge oder die Alpenüberquerungen? Da gingen die Ausgaben doch deutlich auseinander.

    Viele Grüße aus der Fränkischen

    Christof

  16. Auf den beiden Alpenüberquerungen bin ich mit Essen und Übernachtung mit ungefähr 50 Euro am Tag ausgekommen. Das reicht für die Übernachtung im Lager oder einem Mehrbettzimmer auf der Berghütte (ca. 15 EUR), zwei Mahlzeiten auf Hütten (ca. 25 EUR), einer Mahlzeit als Selbstversorger (ca. 5 EUR) und paar Snacks und einen Kaffee am Nachmittag (ca. 5 EUR). Nur wenn ich mir mal etwas Luxus (Doppel- oder Einzelzimmer, je nachdem ob ich mit meiner Freundin oder alleine unterwegs war) gegönnt habe, wurden es schnell 60 oder 70 Euro. Auf der Alpenüberquerung Salzburg-Triest war Slowenien am günstigsten. Da haben wir oft nicht mehr als 50 Euro gebraucht, selbst wenn wir im Doppelzimmer geschlafen haben.

    Natürlich geht es auch günstiger. Wer sich in jedem Supermarkt am Wegesrand eindeckt (je nach Route kommt man tagelang an keinen vorbei) und sich selbst versorgt, spart eine Menge Geld, denn auf den Hütten ist es teuer und die Portionen für hungrige Wanderer sind meist zu klein. Allerdings muss man dann auch mehr schleppen, was ich ja nicht so mag.

    Noch günstiger kann man über die Alpen gehen, wenn man ein Zelt mitnimmt. Nanni und Johann haben auf dem Traumpfad München-Venedig recht oft gezeltet und in größeren Städten auch mal Couchsurfing gemacht. Ich schätze, dass die beiden nicht mehr als 25 bis 30 Euro pro Tag und Person ausgegeben haben. Werde mal Johann fragen, ob er das hier bestätigen kann …

    Viele Grüße

    Christof

  17. Hallo ihr beiden.

    Tut mir leid, dass ich jetzt erst antworte.
    Wir haben auf der ganzen Reise jeden Tag pro Person und Tag nur 30 Euro ausgegeben. Um dies in den Alpen durchzuhalten muss man sich schon etwas anstrengen. Wir haben immer viel im Tal eingekauft (Lebensmittel die wenig Wasser enthalten, z.B. Couscous mit Tütensuppen) und hatten die Devise, dass wir entweder auf der Hütte essen und dann im Zelt schlafen oder auf der Hütte schlafen und selbst kochen.
    Es gibt eine leichte Regel: Je weniger Geld du hast, desto schwerer ist der Rucksack. Weil wir allerdings sehr minimalistisch unterwegs waren und bei der Ausrüstung auf sehr Leichtes setzten wogen die Rucksäcke knapp unter 10kg mit Zelt, Isomatte, Schlafsack und Kocher ohne Essen und Trinken.

    Ich hoffe ich konnte dir etwas helfen.

    Viele Grüße Johann

  18. Hi Christof,
    jetzt habe ich mal deinen Blog hier durchgestöbert – bestimmt nicht das letzte Mal. Ich denke, dass Menschen eher nach und nach – und nur, weil sie es wollen und für sich persönlich als richtig empfinden – zu einer für sie möglichen Form des Minimalismus finden. Obwohl ich für mich Minimalismus bis jetzt nie so genannt habe: Es war immer „reisen mit leichtem Gepäck“. Und das kann man durchaus auf alle Lebenslagen übertragen.
    Liebe Grüße
    Diana

    1. Hi Diana,

      willkommen auf Einfach bewusst! „Minimalismus bedeutet reisen und leben mit leichtem Gepäck“ – diese Definition gefällt mir und werde ich mir merken.

      Natürlich muss jeder selbst wissen, wie er lebt. Oft weiß man aber gar nicht, woher die Unzufriedenheit und Überlastung kommt. Ich glaube es liegt oft an dem ständigen Weiter, Mehr, Schneller, Höher. Ein einfacheres Leben kann da Wunder bewirken.

      Viele Grüße

      Christof

  19. Seit ewigen Zeiten träume ich davon, von München nach Venedig zu wandern. Bisher haben mich die enormen Kosten davon abgeschreckt. Bisher habe ich Wandererfahrungen in Schottland und Neuseeland gesammelt, wo ich im Zelt oder kostenlosen Hütten übernachtet habe. Ich habe gehört, dass Zelten in den Alpen nicht erlaubt ist (Ranger kontrollieren). Verpflegung in den Hütten könnte ich mir noch vorstellen, aber 15€ für eine Übernachtung ist mir zu viel. (Bei 21 Wandertagen kommt ein erkleckliches Sümmchen zusammen + Fressalien + Cappu)
    Also werde ich wohl weiterhin in den, übrigens auch traumhaften, schottischen Highlands wandern gehen.
    Vielleicht habe ich ja irgendwann mal etwas Geld über. Durch die Fernbusse wird ja immerhin die Anreise erschwinglicher. Bisher war die Bahnfahrt einfach nach München schon teuer als ein Flug nach Edinburgh hin und zurück.

    1. Kann mir kaum vorstellen, dass drei Wochen in den Alpen teurer kommen als drei Wochen in Schottland (oder gar Neuseeland). Die Anreise sollte doch mit Fernbussen, Schönes-Wochenende-Ticket oder Frühbucher mit Bahncard nicht mehr kosten als ein Flug nach Schottland (plus Hin-/Rückfahrt zum Flughafen in Deutschland und Hin-/Rückfahrt in Edinburgh).

      In den Alpen könntest Du Dich ebenfalls selbst versorgen. Alle paar Tage kommt man an einem Supermarkt vorbei.

      Wenn man DAV-Mitglied ist kostet die Übernachtung im Hüttenlager meist weniger als 15 EUR, oft um die 10 EUR.

      Ein Zelt mitzunehmen ist nicht verboten ;-) Kenne mehrere, die das gemacht haben, etwa Johann und Nanni, mit denen ich zwischen München und Venedig immer wieder paar Tage gelaufen bin. Sie haben mal in der Hütte, mal im Zelt geschlafen. Im Tal haben sie einfach gefragt und immer ein Plätzchen fürs Zelt gefunden, etwa auf einer Wiese bei Bauern oder in einem Garten! In den Alpen haben sie schon mal nach Absprache mit dem Hüttenwirt vor der Hütte gezeltet (als Ausgleich haben sie dann einen Teller Pasta gegessen). Wenn sie es nicht mehr zur Hütte „geschafft“ haben, wurde das Zelt eben bei Dämmerung mitten in den Bergen aufgestellt. Notlager sind ja erlaubt ;-) Am nächsten Morgen sind sie wieder aufgebrochen und haben den Platz so zurückgelassen, wie sie ihn vorgefunden haben. Ranger kontrollieren vielleicht in ausgewiesenen Nationalparks oder in der Schweiz, aber nicht zwischen München-Venedig oder Salzburg-Triest.

      Viele Grüße

      Christof

  20. Hallo Christof,
    Zwar bin ich nicht gewandert, aber deine Gedanken haben mich dazu inspiriert meinen Weg zu mehr Einfachheit auch auf meine Reisen auszuweiten. Vier Wochen USA und ein 40 Liter Handgepäck – Rucksack. Auch wenn ich schon sparsam gepackt hatte, hätte ich trotzdem noch einiges zu hause lassen können. Auf der anderen Seite habe ich nichts vermisst. Freiheit und Unabhängigkeit waren neben vielen neuen Eindrücken dabei die nachhaltigsten Erfahrungen. Insbesondere wenn andere Reisende sich an den größten Rollkoffern die ich je gesehen habe abschleppten. Gerne habe ich da doch eine helfende Hand angeboten, ich hatte ja zwei frei. Schön waren auch die Blicke wenn ich zugab länger aber mit deutlich weniger unterwegs zu sein als die Rollkoffer – Touristen. Besonders beeindruckend war allerdings nach hause zu kommen, nach vier Wochen mit dem notwendigsten, empfand ich meine Wohnung als erschlagend und überfüllt. In den folgenden Wochen habe ich also noch einmal eine ganze Reihe an Dingen verschenkt oder endgültig entsorgt. Aber, wie schon oft herausgestellt, es ist ein Weg und ich finde es spannender mich und meine Bedürfnisse zu hinterfragen als letztere einfach nur durch Konsum und Ansammlung zu kompensieren.

    @Emi: Dein Kommentar vom 1. November 2013 spricht mir aus der Seele.

    Besten Gruß,
    Kathrin

  21. Hallo Christof und alle Leser,

    dass man mit Wenigem beweglicher ist, konnte ich zum ersten Mal bewusst auf einem Berlin-Trip vor 20 Jhren spüren, als ich außer meiner Fototasche und wenig Wäsche zum Wechseln kaum etwas mitnahm, ein mittlerer Rucksack reichte, und ich war erstaunt, wie leer mein Hotelzimmer bleiben konnte. (Das Reinigungspersonal wird es gerne gesehen haben.)
    Etwas anderes tat sich mir auch noch auf: Die Frage, ob ich nur deswegen reisen wollte, um einem überbordenden mit vielen wimmeligen und lauten Unwichtigkeiten belasteten Alltag zu entfliehen, oder doch, um wirklich Anderes zu sehen und mich innerlich zu bereichern.
    Seitdem ich ausgemistet habe, so dass für meinen Bedarf nur noch ein einziges mittleres Zimmer reicht, habe ich auch gar nicht mehr das Bedürfnis, eine Reise zwecks Entfliehen anzutreten, denn bei mir zu Hause gibt es genug zu sehen und zu entdecken (bishin zum blühenden Löwenzahn in der Asphaltritze).

    Beste Grüße

    Jörg

    1. Hallo Jörg,

      das ist ein sehr interessanter Gedanke, über den ich mir erst mal Gedanken machen muss. Reist Du denn gar nicht mehr oder nur nicht mehr „zwecks Entfliehen“? Es gibt sicher mehrere Gründe, nicht in die Ferne zu schweifen, sondern sich vor der eigenen Haustüre umzuschauen. Ich habe Bekannte in Nürnberg, die sich in Neuseeland besser auskennen, als in der Fränkischen Schweiz (45 Minuten mit der Bahn ab Nürnberg).

      Beste Grüße zurück

      Christof

      1. Hallo Christof,

        bis vor 10 Jahren etwa alle drei Jahre mit Familie, danach aus finanziellen Gründen (Studium meines Sohnes) nur, um ferne Familienkontakte weiterhin zu pflegen. Habe seit 2007 bereits über Internet alle Sachen verkauft, für die mir Zeit fehlte oder an denen das Interesse verschwunden war, und zwei Jahre vor Beginn meines Ruhestandes begann ich mit dem Ausmisten in größerem Stil (paket- und korbweise), und finde heute trotz viel gewonnener Luft gelegentlich noch etwas, was weg kann. Reiseziele, die ich mir für den Ruhestand vorgenommen hatte, sind mir jetzt nicht mehr wichtig, wo der Ruhestand da ist. Wohnen mit genug Luft (und in einer grünen Umgebung) hat schon was Erholsames für jeden Tag.

        Beste Grüße

        Jörg

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