
„Jeder kann zaubern, jeder kann seine Ziele erreichen, wenn er denken kann, wenn er warten kann, wenn er fasten kann.“ (Hermann Hesse)
Eine Woche ohne feste Nahrung
Ich habe fast sieben Tage nichts gegessen. Ich faste gerade.
Sobald dieser Blogartikel online ist, werde ich das Fasten mit einem reifen Apfel brechen. Mittags gibt es drei Pellkartoffeln mit etwas Möhrengemüse, abends Tomatensuppe mit Knäckebrot, Sojajoghurt und Leinsamen. Du kannst Dir vorstellen – vor allem wenn Du selbst schon gefastet hast –, welch Geschmacks- und Geruchsexplosionen diese kleinen Mahlzeiten mir bereiten werden.
Zum ersten Mal habe ich vor 25 Jahren als Student gefastet. Dazu inspiriert hat mich meine Mutter, die bereits in den 1980er-Jahren das Fasten für sich entdeckt hat.
Fasten reinigt Körper, Geist und Seele
Zur Gewohnheit habe ich es mir aber erst in den letzten Jahren gemacht. Ich faste etwa zweimal im Jahr für fünf bis sieben Tage, um Körper, Geist und Seele zu reinigen und meinem Leben einen positiven Impuls zu geben.
Ich halte mich an das Buch „Wie neugeboren durch Fasten“ von Dr. Hellmut Lützner, der sich an die Methode von Otto Buchinger orientiert.
Dabei nimmt man mit stillem Mineralwasser, Kräutertees, selbst gemachten Gemüsebrühen und verdünnten Fruchtsäften eine geringe Menge an Energie, Vitaminen und Mineralstoffen auf. Feste Nahrung und Genussmittel wie Kaffee, schwarzer Tee, alkoholische und zuckerhaltige Getränke sind tabu.
Wichtig ist eine gründliche Darmentleerung. Ich vertraue zum Fastenbeginn auf die Einnahme von in Wasser aufgelöstem Glaubersalz und ab dem zweiten Tag auf täglich einen Einlauf. Das sorgt nicht nur für die Entgiftung des Darms, sondern ist auch das Signal für den Körper, von der üblichen Ernährung von außen auf die Ernährung von innen umzuschalten. Beim Fasten kommt die Energie nämlich überwiegend aus den körpereigenen Depots.
Ich fühle mich blendend, bin voll leistungsfähig
An den ersten beiden Fastentagen, wenn mein Körper noch auf die innere Ernährung umstellt, verspüre ich hin und wieder Hunger. Ein Glas Mineralwasser vertreibt ihn schnell wieder. Manchmal fühle ich mich auch etwas schwach oder habe leichte Kopfschmerzen. Dann lege ich mich kurz hin oder gehe an die frische Luft.
Spätestens ab dem zweiten Tag fühle ich mich blendend. „Wie neugeboren“ trifft es gut. Das Hungergefühl taucht nicht mehr auf, die Pfunde purzeln, die Entgiftung ist im vollen Gange, die Stimmung euphorisch. Dabei ist mein Geist klar und mein Körper leistungsfähig. Muss sich der Organismus nicht mit der Verdauung beschäftigen, steht dem Gehirn mehr Energie fürs Denken zur Verfügung. Vorgestern sprudelten die Sätze für die erste Version dieses Blogartikels und einen anderen Text aus mir heraus. Und gestern habe ich morgens den See bei mir vor der Haustüre umrundet, war ich nachmittags mit einem Freund wandern und bin ich abends einkaufen gegangen. Fast 30 km und 40.000 Schritte kamen so zusammen.
Der Arzt Dr. Otto Karl Aly berichtete über einen Fastenmarsch von zwanzig Schweden. Die Männer wanderten von Göteborg nach Stockholm – 500 Kilometer in zehn Tagen. Jeder von ihnen brauchte pro Tag nicht mehr als etwas Fruchtsaft und drei Liter Wasser. Die Männer kamen jeweils fünf bis sieben Kilogramm leichter in Stockholm an, sahen prächtig aus, waren bester Laune und schienen keineswegs erschöpft zu sein. Im Gegenteil, sie hatte an Kraft und Ausdauer gewonnen.
Dem Verführerischen zu widerstehen, macht stark und unabhängig
Fasten dient nicht nur der Gesundheit. Es sorgt darüber hinaus für Wohlbefinden, Selbstbewusstsein und innere Freiheit. Es erfüllt mich mit Stolz, eine Woche ohne feste Nahrung und Genussmittel durchgehalten zu haben. So lange dem Verführerischen zu widerstehen, macht stark und unabhängig. Es ist ein erhabenes, lang anhaltendes Gefühl, wie ich es ähnlich nach vier schweißtreibenden Wochen auf der Alpenüberquerung Salzburg – Triest erleben durfte.
Fasten gilt auch als Jungbrunnen. Es entgiftet, pusht die Zellerneuerung und sorgt für straffes Bindegewebe. Das trägt sicher dazu bei, dass ich jünger ausschauen, als ich bin. Ich feiere nächstes Jahr meinen 50. Geburtstag – werde eher auf 40 geschätzt, fühle mich wie 30 und benehme mich zuweilen wie mit 20.
Fasten ist Minimalismus in Reinform
Für mich passt das Fasten wunderbar zur minimalistischen Lebensweise. Während der Fastenwoche verzichte ich einfach bewusst auf feste Nahrung. Ich konzentriere mich auf die Dinge, die mir am wichtigsten sind. Ausreichend Schlaf und Ruhe, wärmende Tees und Gemüsebrühen, Bewegung an der frischen Luft, Kontakt zu den mir liebsten Menschen sowie die dringendsten Aufgaben meiner Schreibtätigkeit. Shoppen, Völlerei, Multitasking, Hektik, Smartphone & Co. spielen kaum eine Rolle.
Diese Erfahrungen lehren mich, nach der Fastenwoche wieder maßvoller zu essen und mich von dem Überkonsum und der Geschäftigkeit unserer angeblich so modernen Gesellschaft fernzuhalten.
Eines gebe ich aber zu. Zum Ende der Fastenzeit fällt mir die kulinarische Keuschheit schwer. Ich bin kein Asket, sondern ein Genussmensch. Ich koche mit Leidenschaft, weiß gutes Essen zu schätzen und trinke gerne ein Glas Silvaner oder ein Kellerbier …
Hast Du schon gefastet? Ebenfalls nach Lützner/Buchinger oder nach einer anderen Methode? Welche Erfahrungen hast Du gemacht?

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Hallo Christof,
ein interessanter Erfahrungsbericht. Wenn man da nicht Lust auf eine Fastenkur bekommt… Leistungsfähiger sein und dabei noch jünger aussehen als man ist – wer möchte das nicht?!
Bei meinem zweiwöchigen Rohkostfasten (nach eigener Methode), das ich bisher nur einmal gemacht habe, sind mir ähnliche Effekte an mir aufgefallen. Mir ging es super, ich war energiegeladen und bin jeden Tag eine riesige Runde durch den Wald marschiert. Es gab auch keine Heißhungergefühle, wie ich zuvor vermutet hatte.
Mir kam das Bedürfnis nach dem Rohkostfasten eher spontan, weshalb ich auch keine großen Vorbereitungen getroffen, sondern lediglich nach ein paar Rohkost-Rezepten geschaut habe, um etwas Abwechslung in den Speiseplan zu bringen. Mein Ziel war es dabei, mein körperliches Wohlbefinden zu steigern, was mir gelungen ist.
Wenn ich so darüber nachdenke, könnte ich das eigentlich mal wieder machen…
Liebe Grüße
Annabel
PS: Das Zitat von Hermann Hesse finde ich toll! Ist aus Siddhartha, nicht wahr?