Was Neuntklässler(innen) zu Minimalismus, Ausmisten und Capsule Wardrobe sagen

25. April 2021 - von Christof Herrmann - 49 Kommentare
Die Capsule Wardrobe zweier Neuntklässler(innen) am Niedersächsischen Internatsgymnasium Bad Bederkesa.

Vor ein paar Wochen habe ich eine E-Mail von Deborah Altenbeck bekommen. Sie unterrichte Kunst (und Englisch) am Niedersächsischen Internatsgymnasium Bad Bederkesa. Beim Lesen meines Ratgebers „Das Minimalismus-Projekt – 52 praktische Ideen für weniger Haben und mehr Sein“ fragte sich Deborah, warum das Thema Minimalismus nicht im Lehrplan steht. Da Minimalismus ja auch mit Design zu tun hat, konzipierte sie für ihre neunte Klasse kurzerhand eine Unterrichtsreihe zur minimalistischen Lebensweise.

Der Fokus lag darauf, einen selbst gewählten Bereich – z. B. den Kleiderschrank oder den Schreibtisch – zu beobachten, zu verändern (vieles zu entfernen, aber auch ggf. etwas hinzuzufügen) und schließlich die Ordnung beizubehalten. Im Verlauf des Unterrichts bekamen die Schüler(innen) verschiedene Tipps aus meinem Buch – u. a. aus den Kapiteln „Weg vom Überfluss und Übermaß“, „Die Vorteile eines minimalistischen Lebens“, „Ausmisten – die fünf besten Methoden“, „Wie Du nach dem Ausmisten Rückfälle vermeidest“ und „Capsule Wardrobe – ein Schrank voller Lieblingsteile“. Schlussendlich wurden das Erreichte fotografisch und die Erfahrungen schriftlich festgehalten.

Mir gefiel die Idee zu dieser Unterrichtsreihe sehr. Wenn ich schon als Neuntklässler das Konzept und die Vorteile des Minimalismus verstanden hätte, wäre mein Leben in manchen Bereichen anders verlaufen. Auch deswegen war ich neugierig auf die Erfahrungen der Schüler(innen). Deborah stellte mir die Fotos und Texte zur Verfügung. Was ich zu sehen und lesen bekam, fand ich so interessant, dass ich Auszüge hier im Blog veröffentlichen wollte. Die Klasse war so lieb, mir dafür das Einverständnis zu geben. Ein paar Schüler(innen) baten mich lediglich, ihren Namen zu ändern.

Alexandra, 14 Jahre

„Mir hat die Tabula-rasa-Methode am besten gefallen, weil man z. B. den Schreibtisch neu sortieren kann. Außerdem sieht man, was man wirklich benötigt, dies ist nämlich relativ wenig. Besonders hilfreich, um dran zu bleiben, waren die Methoden, dass man, bevor man etwas Neues kauft, sich überlegt, ob man diesen Gegenstand wirklich benötigt. Zudem ist es hilfreich, wenn tatsächlich ein neuer Gegenstand einzieht, einen anderen alten Gegenstand auszusortieren. Mir hat gefallen, dass z. B. der Schreibtisch danach ordentlich und aufgeräumt ist und man zudem Dinge, die man nicht mehr benötigt, aussortieren kann, wo man teilweise auch dachte, dass man diese Dinge noch benötigt, obwohl es in Wirklichkeit nicht mehr der Fall ist.“

Carsten, 15 Jahre

„Das Projekt hat mir gezeigt, dass ich im Grunde bereits minimalistisch gelebt habe, was bei unseren Verhältnissen auch nicht wirklich überraschend ist. So zu leben macht zwar Sinn, aber meiner Meinung nach ist der Weg zwischen Minimalismus und Überfluss sehr gering, wenn man denn glücklich werden will. An sich hat das Projekt für die anderen bestimmt einen Mehrwert und hat ihnen eine neue Perspektive gegeben, jedoch war dies für mich persönlich nichts Neues.“

Celina, 15 Jahre

„Mir hat der Minimalismus mehr oder weniger Spaß gemacht. Am besten fand ich die Capsule Wardrobe, da ich am ehesten damit klar kam und ich mir auch gut vorstellen könnte, das weiter zu machen. Ich fand die Methode ‚Keine Spontaneinkäufe‘ am hilfreichsten, da man sehr leicht auf so was achten kann. Am schlechtesten hat der Minimalismus auf meinem Schreibtisch funktioniert, da ich täglich an diesem sitze und er sehr schnell unordentlich wird. Es kommen schnell irgendwelche Sachen dazu und ich weiß nicht genau, wohin damit. Zudem muss ich ständig aufstehen, weil mir irgendwelche Sachen fehlen, die ich vorher auf dem Tisch liegen hatte, aber ich sie nur ab und zu brauchen.“

Clara, 14 Jahre

„Beim Ausprobieren und Testen des Lifestyles ist mir aufgefallen, dass ich bereits relativ minimalistisch gelebt habe, weshalb die Aufgaben ziemlich gut zu erledigen waren. Beim Ausmisten hat mir die Mari-Kondo-Methode sehr geholfen. Ich fand es außerdem interessant, mal in die Tiefen meiner Schubladen zu tauchen und versteckte Schätze zu entdecken. […] Bei dem minimalistischen Lifestyle interessieren mich besonders die Aspekte zur Achtsamkeit und Entspannung. Ich habe mich damit schon länger beschäftigt und denke, dass ich dies nun etwas ausweiten werde. […] Ich interessiere mich schon seit Langem sehr für den Interior-Design-Stil Minimalismus, da ich insgesamt sehr an Innenarchitektur interessiert bin. Beim Makeover meines Zimmers im letzten Jahr habe ich schon einen etwas minimalistischen Stil angestrebt. Ich werde dies definitiv jetzt etwas verstärken und plane außerdem schon ein Makeover für meine Eltern im Wohn-Ess-Bereich im minimalistischen Einrichtungsstil.“

Fabio, 15 Jahre

„Man hat sich irgendwie besser gefühlt. Es war toll, mal was Aufgeräumtes zu sehen (bei mir ist es sonst wenig aufgeräumt). Ich habe diese Ordnung beibehalten und musste nicht viel dafür tun, weil ich es fast automatisch gemacht habe. Die Blicke von meinen Eltern waren unbezahlbar, als sie das erste Mal wieder bei mir ins Zimmer kamen. […] Es war ganz cool, sowas mal im Unterricht zu machen. Ich meine, es ist mal was anderes als nur was mit Pinsel und Buntstift zu machen.“

Finja, 15 Jahre

„Bei mir hat das Reduzieren auf das Wichtigste gut geklappt und dabei hat es mir geholfen, erst mal alles wegzuräumen und dann nur Dinge, die man wirklich benötigt, wieder zu holen. Leichte Rückschläge hatte ich, als es darum ging, Ordnung zu halten. Wenn neue Dinge dazukamen, zum Beispiel ein Geschenk, wird mein Schreibtisch sehr schnell als Ablage umfunktioniert. Das ist eine Sache, die mich vorher nicht gestört hat, jetzt aber irgendwie schon. Ich werde mit dem Minimalismus weiter machen, weil ich gemerkt habe, dass es dadurch leichter ist, etwas zu finden oder allgemein die Ordnung zu halten.“

Hanna, 15 Jahre

„Mir persönlich hat die Tabula-rasa-Methode geholfen, den Minimalismus zu verstehen, da ich mich nur auf die Sachen konzentriert habe, die ich auch wirklich im Alltag benötige. Am meisten Spaß gemacht hat mir die Aufgabe zur Capsule Wardrobe, weil mir es gefallen hat, zu schauen, wie viel habe ich von einer Farbe, was passt gut zusammen und was brauche ich vielleicht gar nicht mehr aus meinem Kleiderschrank. Nachdem ich am Ende der Woche alle Bilder fotografiert hatte, bin ich leider direkt wieder in alte Muster verfallen und habe dann zum Beispiel Sachen auf meinen Schreibtisch gestellt, die ich aber gar nicht benötigte. […] Ich würde gerne weiterhin probieren, nur Dinge auf meinem Schreibtisch zu haben, die ich auch wirklich brauche, da jetzt gerade im Homeschooling mein Schreibtisch oft sehr voll ist.“

Jonas, 15 Jahre

„Am Anfang stand ich diesem Kunstprojekt noch etwas kritisch gegenüber, da ich mit Minimalismus eine extreme Reduzierung auf das Nötigste verbunden habe. Nach den ersten paar Aufgaben habe ich aber gemerkt, dass Minimalismus für mich eher ein Denkanstoß war, der mir bewusst gemacht hat, dass ich viele Sachen (vor allem in meinem Zimmer) gar nicht mehr brauche. Ich sah dieses Projekt als einen super Start von jetzt an bewusster Sachen zu kaufen und mein Zimmer von all dem unnötigen Zeug zu befreien. Wenn mir vor diesen Aufgaben jemand gesagt hätte, dass ich mal etwas mehr minimalistisch leben sollte, hätte ich vermutlich an ein leeres Zimmer mit einer Matratze und einem kleinen Regal gedacht. Doch mir wurde dann langsam klar, dass es auch reicht, erst mal einen Blick in die unordentlichen Schubladen zu werfen. Der Punkt mit dem Vermeiden von Werbung hat mich am meisten überrascht bzw. mir ist erst dann so richtig klar geworden, dass das Ziel von Werbung der Kauf von meist unnötigen Sachen ist. Ab diesem Tag an habe ich verstärkt darauf geachtet, was die Werbung (besonders auf Kinderkanälen) den Zuschauern für einen Schrott andrehen will.“

Lasse, 15 Jahre

„Die Capsule Wardrobe hat mir sehr gut gefallen. Durch diese Methode habe ich bemerkt, wie viele unnötige Sachen ich in meinem Kleiderschrank habe. Außerdem war die Methode ‚Leerräumen‘ auch sehr effektiv. Nachdem der Schreibtisch leer war, konnte man nach und nach die Sachen drauflegen, die man wirklich braucht. Der Rest wird weggeräumt. Allerdings war fast jede Ablage oder jeder Tisch nach ein paar Tagen wieder voll mit Sachen, etwa Snacks.“

Luca, 15 Jahre

„Das Minimalismus-Projekt war eine interessante Erfahrung. Mir hat besonders gefallen, dass durch das Aussortieren viel neuer Platz entstanden ist, weshalb ich dies auch erst mal weiter führen werde. Dennoch hatte ich auch Schwierigkeiten beim Aussortieren, weil ich fast nur Sachen habe, die ich regelmäßig nutze.“

Merit, 15 Jahre

„Ich habe in den vergangenen vier Wochen viel dazu gelernt und ich habe gelernt, dass weniger manchmal mehr ist. Mir hat die Methode, wo man erst einmal alles aus z. B. einer Schublade räumt und im Laufe der Zeit guckt, was man davon wirklich benötigt oder benutzt, sehr geholfen, da mir da klar geworden ist, dass man viel zu viele Sachen besitzt, die man überhaupt nicht (mehr) braucht. Diese Sachen habe ich dann weggeräumt, verschenkt oder weggegeben. Man hat sich danach befreit gefühlt, da man weniger ungenutztes Zeug rumliegen hat, für die man sowieso keine Verwendung mehr hat. Um dran zu bleiben, haben mir die Methoden ‚Wenn etwas Neues das Haus betritt, verlässt etwas Altes es‘ und die Methode, dass man sich einfach keine Werbung mehr ansieht, sehr geholfen, dass mein Zimmer nach einer Woche nicht wieder so aussieht wie davor. Mir hat es Spaß gemacht zu sehen, mit wie wenig Gegenständen man glücklich sein kann und dass man mit weniger Sachen sogar glücklicher ist als davor.“

Sarah, 14 Jahre

„Ich nehme mit, dass es sich mit Ordnung besser arbeiten lässt und alles etwas entspannter ist. Ich möchte damit weitermachen, da der Lebensstil, wie ich festgestellt habe, schon sehr interessant und hilfreich ist. Ich denke, ich mische diesen Lebensstil mit meinem jetzigen, da ich nicht ganz minimalistisch leben kann und möchte, aber auch gemerkt habe, dass es mit dem Lebensstil viel geordneter ist.“

Stefan, 14 Jahre

„Minimalismus ist schwer umzusetzen. Ich möchte lieber wieder zurück zum Zustand davor. Mich würde sehr das Thema Minimalismus beim Fotografieren interessieren.“

Tim, 14 Jahre

„In der ersten Woche ist mir schwergefallen, meinen Schreibtisch auf das Wesentliche zu reduzieren. Jedoch habe ich gemerkt, dass es mir guttut. So ist mir der weitere Verlauf leicht gefallen, weil ich wusste, dass es mir hilft. […] Schwierig war es, mich von emotional wichtigen Gegenständen zu trennen.“

Tjede, 15 Jahre

„In den vergangenen Wochen habe ich einen guten Überblick über all meinen Kram bekommen, ich wurde motiviert, meine Dinge abzugeben und neu zu sortieren. Ich habe mehr Ordnung auf meinem Schreibtisch, aber auch in meinen Schränken, Regalen und Kommoden geschaffen, was dazu geführt hat, dass ich den meisten Kram besser gesehen habe. Aus diesem Experiment habe ich gelernt, wie leicht es ist, einmal ein bisschen Ordnung zu machen und wie schwer diese Ordnung beizubehalten. Ich werde definitiv nicht zu einem Minimalisten werden, da ich mich in der Menge meiner Sachen und Erinnerungen sehr wohl fühle, allerdings werde ich diese Mengen nicht mehr kreuz und quer herumliegen lassen, sondern ein System in diese bringen, da ich mich bei Ordnung deutlich besser auf eine Sache konzentrieren kann.“

Die Capsule Wardrobe zweier Neuntklässler(innen) am Niedersächsischen Internatsgymnasium Bad Bederkesa.

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49 Kommentare für “Was Neuntklässler(innen) zu Minimalismus, Ausmisten und Capsule Wardrobe sagen”

  1. Der Artikel hat mir sehr gut gefallen. Eine tolle Idee von der Lehrerin und auch von dir Christof, das hier zu veröffentlichen. Ich habe selber zwei Teenager ungefähr in dem Alter und fand es interessant die Gedanken von den Jugendlichen zu lesen, auch an sie lieben Dank, dass sie das mit uns teilen.

    Ich finde es toll, dass sowas auch mal im Unterricht behandelt wird. Wenn ich als Mutter das Thema anspreche, stößt es erstmal auf großen Widerstand ;-) zumindest bei einem meiner Söhne. Der andere ist tatsächlich sehr ordentlich und sogar minimalistischer als ich.

    Ich fände es super, wenn die Schüler in einem Jahr nochmal Bilanz ziehen würden, ob vielleicht wirklich etwas von diesem Projekt hängengeblieben ist. Ich könnte mir aber auch gut vorstellen, dass die meisten die guten Vorsätze erstmal wieder vergessen, aber in ein paar Jahren dann leichter wieder zu diesem Thema zurückkehren, wenn sie jetzt in jungen Jahren sich schon mal damit beschäftigt und gute Erfahrungen gemacht haben.
    Liebe Grüße
    Stefanie

    1. Schönen Dank für Deinen Kommentar.

      Mit gefällt Deine Idee, dass die Schüler(innen) nach einem Jahr zurückblicken und Resümee ziehen. Vielleicht sehen das Deborah und die Klasse ähnlich (die hier sicher zum Teil mitlesen).

      Viele liebe Grüße

      Christof

    2. Hallo Stefanie! Vielen Dank! Die Idee, in einem Jahr nochmal eine Bilanz zu ziehen finde ich super! Habe es mir im Kalender notiert und werde berichten! Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass viele erstmal nicht weiter darüber nachdenken und aber irgendwann mal sich erinnern.

  2. Wow! Was für kluge, reife Kommentare! Ich bin sehr überrascht, hätte tatsächlich nicht erwartet, solche Meinungen von (doch noch) Kinder zu hören. Dabei dachte ich, dass es ein grosser Verdienst der Lehrerin ist, dass die Schüler das Thema so gut angenommen und verstanden haben. Das zeigt, wie wichtig dieses Thema ist und wie wichtig, solche Projekte in alle Schulen zu bringen. Herzlichen Dank an Deborah Altenbeck für ihre Arbeit und an dich, Christof, für diesen Beitrag.

    1. Gern geschehen. Ich bin auch der Meinung, dass die Themen Minimalismus, Nachhaltigkeit und Achtsamkeit fest in den Lehrplan gehören. Bei Deborahs Unterrichtsreihe lag der Fokus beim Ausmisten. Minimalismus kann noch viel mehr. Er ist für mich die Antwort auf unseren gängigen Mehr-höher-weiter-schneller-lauter-Lifestyle.

    2. Vielen Dank für die lieben Worte, Elena! Es gibt sicherlich in anderen Fächern auch Anknüpfungspunkte für die vielfältigen Themen des Minimalismus. Ich freue mich jedenfalls für das Fach Kunst einen solchen Anknüpfungspunkt gefunden zu haben und über die sehr differenzierten Rückmeldungen meiner Schüler*innen habe ich mich auch ungemein gefreut. Dies zeigt, dass sie trotz Benotung sie selbst geblieben sind und zu ihrer Meinung und ihren Erfahrungen stehen.

  3. Wahrlich interessant, was die nachkommende Generation dazu schreibt. Ich bin auch dafür, dass Minimalismus auf den Lehrplan gesetzt wird. Mit deinem Buch gibts ja schon das ideale Lehrbuch!
    Viele Grüße aus Wiesbaden,
    Urs

      1. Das Buch ist wirklich ideal als Lehrbuch. Schöne kleine Häppchen, die übersichtlich und gut verdaulich sind und wo man auch das eine oder andere Kapitel noch als Bonusaufgabe rein geben kann.

  4. Gute Idee, das Thema in den Schul-Unterricht zu bringen. Ich halte es für eine wichtigen Aspekt, dass dadurch auch die Definition von Minimalismus weiter bekannt wird. Jonas ist sicher nicht der Einzige, der glaubt, Minimalismus sei wie ein Zimmer mit Matratze und Mini-Regal. Dieses Bild finde ich sehr eingängig … vor allem, wenn man es dann mit den aufgeräumten Schubladen aktualisiert.
    Aufgeräumte Grüße, Amrita

      1. Danke Amrita! Jonas Rückmeldung fand ich auch toll, weil er das verbalisiert hat, was viele denken und er aber erstaunt feststellt, dass seine Annahmen verkehrt waren. In der Unterrichtseinheit musste ich natürlich entsprechend vorsichtig vorgehen – niemand brauchte irgend etwas wegwerfen, aber jeder war eingeladen, Dinge einfach mal in eine Kiste zu legen und zu sehen, was er/sie wirklich braucht. Mein Ziel war es möglichen Vorurteilen und Ablehnung mit einer herzlichen Einladung zu begegnen, worauf sich erfreulicher Weise fast alle eingelassen haben.

        1. Liebe Deborah,
          das ist etwas, was ich selbst auch immer wieder übe: Eben nicht Annehmen, meine Vorurteile ruhen lassen und mit einer fragenden Haltung oder Einladung auf Menschen zugehen. Dein Umgang mit dem Thema bestätigt, wie auf diese Art Verbindung entsteht. Das löst bei mir Freude aus. Dir auch Danke. :-)

  5. Hui, das hat mich sehr beeindruckt! Meine gerade 17jährige Tochter liest Deinen Blog auch von Zeit zu Zeit – wenn sie diesen Artikel liest, wird sie wahrscheinlich jammern, dass ihre Lehrer:innen NIE so tolle Ideen haben :-) Vielen Dank dafür, Christof, und danke auch an alle Schüler:innen für’s Teilen und an Deborah Altenbeck für die Idee!
    Herzlichst, Andrea

      1. Hallo, ich bin auf dieser Seite auf Dein Unterrichtsprojekt gestossen. Ich unterrichte an einer Haupt- und Realschule im Wendland und würde das gern ins Fach Werte und Norman mit aufnehmen. Würdest Du mir mit Deiner Unterrichtseinheit eventuell helfen?

        Freundliche Grüße
        Sylke

  6. Wow, ein toller Beitrag, Christof! Danke, dass du das mit uns teilst. Ich bin sehr beeindruckt von dem Einfallsreichtum der Lehrerin, den Minimalismus auf diese Weise in den Unterricht einzubauen. Das sollte wirklich Schule machen!

    Respekt auch an die Schüler, die das Projekt so gut umgesetzt haben! Es war sehr interessant, eure Erfahrungen hier zu lesen. Eine Bilanz nach einem Jahr, wie es Stefanie vorgeschlagen hat, fände ich ebenfalls spannend.

    Viele Grüße

    Annabel

      1. Ich denke, dass es sich bei diesem Internat um eine besondere Schule handelt! Alle Achtung!

        Es ist das Beste, was passieren kann, wenn junge Leute (hier Schüler*innen) durch eine kluge und weitsichtige Lehrerin (es könnten noch jede Menge Adjektive hinzukommen!) an dieses Thema herangeführt werden.Ich bin begeistert und fände es SUPER, wenn es wirklich SCHULE machen und Platz in einem Lehrplan bekommen würde!

        Es ist kaum auszudenken, was es bringen könnte! Der Gedanke fasziniert mich!!

        Liebe Grüße
        Karin

  7. Liebe Deborah, lieber Christof,
    ein faszinierendes Projekt mit erstaunlichem Ergebnis. Danke für den Bericht.
    Für Stefan, 14 Jahre, Teilnehmer des Projektes, ein Gedanke zu seiner Frage nach dem Minimalismus in der Fotografie:
    Mein Sohn hat im Rahmen eines Projektes mit seinem Kurs eine Woche auf Teneriffa verbracht – mit einer Plattenkamera ausgerüstet und dem Auftrag, sich schlussendlich für EIN Motiv zu entscheiden, das dann auch fotografiert wurde. Eine Woche Motivsuche, keine Smartphone-Videos mit unendlicher Anzahl später nie gesehener Bilder. Die minimalistische Sammlung der Kursteilnehmer spricht für sich.

    1. Hallo Detlev, danke für deine Rückmeldung! Das Projekt deines Sohnes klingt nach einer ziemlichen Herausforderung! Aber es stimmt – die unendlichen vielen Urlaubsfotos schaut man sich höchstwahrscheinlich nicht 2x mal an. Eine Handvoll ausgewählter Motive hingegen schon eher. Cooles Projekt!

  8. Danke für diesen tollen Beitrag, fande es sehr interessant! Gerade wenn man positive Erfahrungen damit in der Schule gemacht hat, erinnert man sich später vielleicht wieder daran!

    Ich habe viereinhalb Monate mit ganz wenig Sachen im Auslandssemester gelebt (nur, was ich tragen konnte – und man erkannte ganz klar meine Prioritäten: Schreibsachen und Bücher hatte ich zusätzlich zu Anziehsachen dabei :)) – und das dann eine zeitlang erstmal eine eigene Wohnung, etwas mehr Geld, und dann aber festgestellt, dass dieses „Weniger“ schon meins ist, auch wenn es im normalen Alltag nicht radikal minimalistisch lebe, ein bisschen Auswahl mag ich tatsächlich ganz gerne habe und ich habe auch noch ein Kind mit Kram :)

    Finde es auch ein sehr schönes Beispiel für guten Schulunterricht!
    LG Nadine

    1. Guter Impuls, sich zu überlegen, was man zu einem imaginären Auslandssemester mitnehmen würde. Da kommen dann die Essenz und die Leidenschaften zum Vorschein. Auf meiner eineinhalb Jahre langen Radweltreise oder auf meinen wochenlangen Fernwanderungen muss(te) ich mich auch immer auf das Wichtigste beschränken. Und es hat mir nie an etwas gefehlt.

      EBG

      Christof

  9. Was für eine großartige Idee, Deborah. Und deine Kids geben mir die Hoffnung wieder, dass nicht alles im Konsumrausch verloren ist. Hier müssen wir anfangen: bei den Kindern. Großartig der Spruch „Die Blicke von meinen Eltern waren unbezahlbar“, Ich kann es mir bildlich vorstellen. Ich hoffe, dass diese Art von Unterricht von vielen Schulen übernommen wird.
    Und du, Christof, hast doch jetzt bestimmt schon wieder eine Buchidee im Sinne von „Minimalismus für Kids“, oder? ;-)

    1. In meinem Ratgeber gibts doch das Kapitel „Minimalistisch leben mit Kindern“ ;-) Für ein ganzes Buch zu dem Thema fehlt mir der Einblick. Habe ja keine eigenen Kinder. Aber das kann ja noch werden, bin noch jung (geblieben) :-)

    2. Ja, Elli du hast Recht. Die Kinder lernen es von klein auf. Mein Sohn (gestern 2 Jahre geworden) hat Unmengen an Spielzeug geschenkt bekommen, obwohl alle wissen, dass wir das nicht wollen. Ich stelle schon immer viel weg und rotiere das Spielzeug, aber Pakete aufmachen findet er jetzt schon toll und das führt sich natürlich weiter und weiter. Deswegen war mir diese Reihe auch ein so großes Anliegen.

  10. Ganz wundervoll!
    So eine Initiative hätte ich mir zu Schulzeiten auch gewünscht – und auch noch andere, die eine bewusste Lebensführung betreffen.
    Danke an Deborah, Christof und die Schüler*innen für dieses gemeinschaftliche Projekt – und das wir hier daran teilhaben durften.
    Es dient auf jeden Fall als Inspiration.

    Viele Grüße
    Johanna

    1. Danke, Johanna, für die herzlichen Worte! :-) Ich freue mich, dass es als Inspiration dient. Vielleicht inspiriert es ja auch den einen oder die andere Kunstkolleg*in. Und ich bin überzeugt, dass sich viele Kapitel aus Christofs Buch auch in anderen Fächern anbieten.

  11. Liebe Deborah, lieber Christof, ich bin begeistert! Was für eine tolle Idee Minimalismus ganz praktisch in den Schulunterricht einzubauen. Ich bin selber Minimalist und lebe das meinen beiden Kindern ganz aktiv vor. Aber ihr wisst ja wie das ist, wenn Ratschläge von den Eltern kommen…das klappt meistens nicht so gut…;-)) Umso besser, wenn so ein Impuls auch von andere Seite kommt. Tolle Aktion und tolle Kommentare von den Kindern, die belegen: Minimalismus muss man ausprobieren, um zu begreifen, dass man dabei gewinnt und nichts verliert. Liebe Grüße!

    1. Stimmt, Susanna, Minimalismus muss man einfach erproben und sich herantasten. Ob die Schule aber so viel mehr erreicht als Eltern – vielleicht. Ich hoffe es, aber auch in der Schule merkt man als Lehrkraft oft, dass man auf Granit beißt. In dieser Einheit jedoch hatte ich das Gefühl, dass es einige Schüler*innen doch sehr interessiert. Insbesondere die Capsule Wardrobe, da Mode und Kleidung ja sowieso ein Thema in dem Alter ist.

  12. Was für eine schöne Idee!
    Es ist toll zu sehen, dass die Lehrerin so viel Engagement zeigt und dass auch die Kinder größtenteils positive Erfahrungen haben. Ich finde auch, dass Minimalismus oder auch Achtsamkeit im weitesten Sinne einen Platz im Lehrplan finden sollten.
    Je früher man herausfindet, was für einen gut funktioniert und was nicht, umso besser :)

    1. Da hast du völlig Recht, Carl, man sollte früh verschiedene Konzepte kennenlernen und herausfinden, womit man gut zurecht kommt. Ich bin immer nur mit Konsum groß geworden. Der Minimalismus war für mich neu und ich habe mich erst mit der Geburt meines Sohnes in die Richtung bewegt. Gestört hat mich der viele Kram aber doch irgendwie schon lange. Ich hätte mir selber gewünscht, dass ich schon in meiner Jugend darüber gestolpert wäre, damit ich mich schon eher damit hätte befassen können.

  13. Hallo Christof,
    das ist toll, zu sehen, sowas kann bei Schülern und in Schule funktionieren.
    Es kann, wenn man will und das Kollegium mitzieht. Leider habe ich als ehemaliger Lehrer gegenteiliges erleben müssen – zusammenfassend vorweggenommen: Das eigentliche Problem sind die Lehrer.
    1. Lehrerzimmer? Müllhalde, Studienobjekt in Sachen Messi-anismus. Seit dem ich dort nicht mehr aufgeräumt hatte, sondern diesen Raum gemieden habe, stapelte sich Altpapier, verschmierte Teller und Kaffeebecher mit eingetrockneter, teils schimmeliger Neige auf den Tischen.
    2. Essen und Trinken ohne Verpackungsmüll? Meine Anregung, die Schulmensa möge kein mülllastiges Essen verkaufen, schon gar nicht Stieleis in den kleinen Pausen, wurde von der Schulleitung abgewimmelt: Ja abba wier ham mitti Fierma sowwieso nen Fertrach.
    3. Müll in Fluren und unter den Klassenarbeitsplätzen? Da das Verursacherprinzip nicht funktioniert in Räumen, in denen die Lerngruppen ständig wechseln, hatte ich die Schüler*innen auf das Verantwortungsprinzip verwiesen: Jeder ist für den von ihm genutzten Platz verantwortlich. Einige Korrekturfachlehrerinnen (in meiner Erfahrung leider ohne Gendersternchen zu schreiben) meckerten: Meine sind das nicht, micht stört das nicht, wenns dich stört, lass es doch deine wegmachen.
    4. Die Unterstufenschüler kamen durchweg nicht mit Federmäppchen zum Unterricht, sondern mit viertöckigen, weit ausklappbaren Schreibwarenläden, 24 Buntstifte, 24 Fineliner, 6 Glitzerstifte, drei verschieden großen Scheren, Klebestift, Klebeband, komplettes Geometrieset, auch wenn letzteres erst in 2-3 Jahren nötig war. Natürlich ein hervorragendes Mittel, sich und andere mit der schrillsten Farbkombination zu beschäftigen, also eine Art Statussymbol. Wirkung: Hälfte des Arbeitsplatzes war Schreibwarenladen, Buch und Heft nur mit Schwierigkeiten unterzubringen, alle zwei Minuten fiel etwas oder gleich die ganze Kledage runter, plitsch, klötter, platsch, plock, man bzw. kind musste sich unterm Tisch durschwühlen, um den ganzen Klumpatsch wieder einzusammeln…
    Dabei gab es die Lerntage in den 5ten, u.a. auch „Der übersichtliche Arbeitsplatz“ als Hilfe zu mehr Konzentration beim Lernen und Vermeidung von Ablenkungen.
    Mein Vorschlag, den Eltern bei der Einschulung ein Merkblatt mit zu geben, in dem steht, was die Kinder in der Schule brauchen und was bitte außen vor bleiben soll (eine kleine Stellschraube, mit der man viele Probleme abmildern kann) wurde in Bausch und Bogen abgelehnt: „Och nöööh dasmachn wa abba niech, waaiil da hälzichkainadraaan….“
    Wer im Kollegium verhielt sich so destruktiv? Funktionsträger, Klassenleitungen und Korrekturfachlehrerinnen, mit der Killerphrase Micht stört das nicht, und mit dem Autoritätsbonus der Schriftlichkeit: Der Druck der bevorstehenden Klassenarbeit wird alles von alleine regeln. Ein gemeinsames Prozedere sei unnötig, jeder solle das allein für sich regeln. Jeder soll’s alleine hinkriegen, weil sich die Institution verkrümelt. Motto: Da musste die ma‘ ganz einfach richtig motivieren, da musste dich ma‘ einfach durchsetzen … Loslehrermach, das kenne ich auch von Dreijährigen, wenn die was verhunzen und vorm Schlafengehen beten: Liebergottmachdass… Wohlgemerkt eine Institution, die mal als gesunde Schule preisausgezeichnet wurde, weil die Schulleitung vor dem Gremium mit Dingen und Projekten auftrumpfte, die im Kollegium keiner gesehen hat.
    Darum kann man Deborah Altenbeck und anderen derart engagierten Lehrkräften nur wünschen, dass man ihnen bei solchen Projekten alle Unterstützung gewährt, die in einem Kollegium selbstverständlich sein sollte.

    Weiterhin Gutes Gelingen für Deborah

    1. Hallo Jörg,

      nimm es mir nicht übel, aber Du klingst fast verbittert.

      Ich bin mir sicher, dass es auch Positives über Deine ehemalige Schule und den Kollegen zu berichten gibt. Sonst hättest Du es da kaum jahrzehntelang ausgehalten …

      Alles Gute, viele Grüße

      Christof

      1. Hallo Christoph,

        stimmt, und in den frühen Jahren an dieser Schule habe ich mal neue Kolleg*innen mit dem Satz Mut gemacht: An dieser Schule möchte ich wohl gerne alt werden. Meine genannten negativen Erfahrungen betreffen die letzten vier Jahre, als man nichts mehr gemeinsam anpacken konnte, sondern nur noch von oben her ständig blockiert wurde (bishin zur Verweigerung fachlich notwendiger Räumlichkeiten und damit Behinderung der Unterrichtsarbeit). Die Leitungskultur des vorletzten Schulleiters mit dem Zentralbegriff „Accompagnato“, Fähigkeiten und Ideen zu bündeln und für ihre Umsetzung zu sorgen (Accompagnato, ein Musikerbegriff, und er war im Zweitberuf zeitweise Dirigent) ist nach seinem Weggang ins Ausland leider abgebrochen, und Probleme wurden unter den Teppich gekehrt, vertagt oder auf den einzelnen personalisiert, was letztlich spaltende Auswirkung hatte. Es ist wohl so wie in vielen Beziehungen: Wenn sie zu vertraut oder zu alltäglich werden, scheinen sie an Wertschätzung zu verlieren, besonders wenn es wie in einer Beamtenhierarchie um Macht und Rechthaben geht und nicht um das sachlich Sinnvolle. Die Kollegen, die ich in positiver Erinnerung habe, sind größtenteils an andere Schulen gegangen oder haben sich aus allem zurückgezogen. Da denke ich auch an den Ratgeber zuvor und einige Kommentare, in denen die Loslösung und ein Neuanfang anderswo als Notausgang erwähnt wurde. Aber da ist alles wesentliche gesagt.
        Vielleicht braucht es einfach seine Zeit, bis ich dem letzten der „Dämonen“, die ungebeten im Gedächtnis noch herumtrollen, erfolgreich Hausverbot erteilt habe. Ich arbeite daran.

        Liebe Grüße

        Jörg

  14. Dieser Nachsatz bezog sich auf meine Selbstkorrektur unbeabsichtigter Tippfehler, hängt nach dem Verschwinden des entspr. Kommentars in der Luft.

  15. Bravo an alle Beteiligten!
    Danke an Christof für das wunderbare Buch und die vielen Denkanstösse!
    Danke an Deborah für diese tolle, kreative Idee, daraus Unterrichtsstoff zu machen! Solche Lehrer braucht das Land. In diesem Projekt sehen wir den Unterschied zwischen „Lernen“ (für die Schule, für den Lehrer, für die nächste Arbeit, für die Zensur…) und „Erfahrungen sammeln und eigene Schlüsse daraus ziehen“ (für das Leben). Das werden die Kinder nie vergessen, denn das haben sie „erlebt“.
    Ich wünschte, ich hätte so etwas in der Schule gelernt statt eines Haufens von Wissen, von dem ich das meiste wieder vergessen oder nie gebraucht habe. Ich bin inzwischen über 60 und habe gefühlt ein Jahrzehnt davon mit Suchen verbracht, weil ich es nie gelernt habe, mich zu organisieren, und erst vor relativ kurzer Zeit zu den Erkenntnissen gekommen bin, die diese Schüler mit 14 bis 15 Jahren erlangt haben.
    Großes Lob auch an die Klasse! Es war faszinierend zu lesen, wie sie mit dem Thema umgegangen sind und jeder für sich durch Erfahrungen und Persönlichkeit sein „Eigenes“ fand und den Prozess wahrnahm.
    Und die „unbezahlbaren Blicke“ von Fabios Eltern fand ich total süß.

    1. Dem Kommentar von Angela schließe ich mich vorbehaltlos an. Richtig klasse! Auch ich wünschte, sowas schon in der Schule gelernt zu haben.

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