„Sagen, was man denkt. Und vorher was gedacht haben.“ (Harry Rowohlt, deutscher Schriftsteller, Übersetzer und Schauspieler, 1945 – 2015)
Rund 55.000 Gedanken soll ein Mensch pro Tag haben, aus denen er dann durchschnittlich 16.000 gesprochene Worte bildet. Diese Gedanken und Worte haben viel Macht. Sie können uns stärken oder schwächen, inspirieren oder langweilen, mit Freude erfüllen oder verärgern. Was wir denken und wie wir miteinander kommunizieren, beeinflusst unser aller Leben.
Die folgenden Impulse sollen zu einer minimalistischen und achtsamen Kommunikation beitragen. Sie beziehen sich auf verbale Gespräche, können aber größtenteils auch auf Medien wie E-Mail und Messenger angewendet werden.
1. Richtig zuhören – empathisch sein
Zu den wichtigsten Bedürfnissen eines Menschen zählt, gehört und verstanden zu werden. Lass Dein Gegenüber ausreden. Denke nicht schon an Deine Reaktion oder Dein Gegenargument, während es noch spricht. Konzentriere Dich auf jedes Wort. Sei empathisch. Versuche, nachzufühlen, was in der anderen Person vorgeht. Um das aktive Zuhören zu überprüfen, kannst Du das Gesagte kurz zusammenzufassen: „Habe ich das richtig verstanden, dass …“
2. Erst denken, dann reden – nicht andersherum
Halte einen Moment inne. Lass Deine Worte durch die interne Qualitätskontrolle gehen, bevor sie Deinen Mund verlassen, und frage Dich: Meine ich das wirklich so? Verletze ich jemanden, wenn ich es ausspreche? Wer profitiert davon, wenn ich das sage?
3. Gefühle zeigen – gewaltfrei kommunizieren
Kommunikation gelingt besser, wenn Dein Gegenüber weiß, wie es Dir geht. Sei offen und ehrlich. Sprich über Deine Gefühle, Dein Befinden und Deine Bedürfnisse. Eine gewaltfreie Aussage wie „Ich bin traurig, weil ich den Abend allein verbracht habe“ führt eher zu Verständnis und einer Verhaltensänderung als ein Vorwurf wie „Du hast mich schon wieder sitzen gelassen“.
4. Aufs Rechthaben verzichten – Schubladendenken lösen
Jeder tut sein Bestes, niemand ist perfekt. Wer das für sich selbst und andere erkennt, lebt mehr im Einklang mit dem Gegebenen. Es geht nicht darum, gleicher Meinung zu sein oder immer Verständnis zu zeigen. Es geht darum, zu akzeptieren, dass jemand andere Erfahrungen gemacht hat und ein anderes Wertesystem besitzt. Wenn Dir das gelingt, kannst Du Dich auch vom Schubladendenken lösen und fühlst Dich besser mit Deinem Umfeld verbunden. Das erhöht die Chance, andere zu erreichen und von anderen erreicht zu werden.
Im 42. Kapitel meines Ratgebers „Das Minimalismus-Projekt – 52 praktische Ideen für weniger Haben und mehr Sein“ findest Du weitere Impulse, einfach und achtsam zu kommunizieren.
Freundlich, friedlich und fair zusammengefasst.
Du schreibst das so kurz und vollständig auf den Punkt gebracht. Und es hat viel mehr positive Wirkung, als man anfangs denkt. Wenn man es auch anwendet.
Danke für diesen Artikel, lieber Christof.
Mit einer herzlichen Umarmung, Amrita
Vielen lieben Dank für Deine stets herzlichen Worte!
Guter Text, danke dafür. Aber 16000 Worte sag ich bestimmt nicht pro Tag. :)
Du bist ja auch ein Mann. Nach der Studie sagen Männer im Schnitt 15.669 Wörter pro Tag und Frauen 16.215 Wörter. Zwischen den am meisten und am wenigsten gesprächigen Personen lag ein Unterschied von 45.000 Wörtern.
Wie war das mit allem besser wissen?? ;-)
Genau mein Thema! In fast 79 Jahren wurde ich reich an Erfahrungen, habe Höhen und Tiefen erlebt, in den unterschiedlichen Therapien Familiengeschichte aufgearbeitet. Selbstreflektion ist fester Bestandteil meiner Tage, sorgsame und bewusste Wortwahl im Gespräch ein großes Bedürfnis. Gegenwart zu akzeptieren, so wie sie ist, nicht zu werten und zu vergleichen, darin Ausgangsbasis für Entwicklung zu sehen.
Wundervoll, erleben zu dürfen: Weiterentwicklung und Lernen ist an kein Alter gebunden.
Vielen Dank für Deinen schönen Kommentar, liebe Sylvia. Meine Mutter ist 86 und auch noch offen und lernbegierig. Das zu beobachten, erfreut mich.
Großartig, danke. Als Yogalehrerin rede ich im Unterricht 3 Std am Tag, außerdem davor und danach und auch noch privat 😅🤭 und fühle mich davon oft ausgelaugt. Einerseits muss ich Dinge erklären – yoga funktioniert nicht über Bildchen angucken – andererseits möchte ich Menschen Raum für ihre eigene Wahrnehmung lassen und sie nicht zuschwallen. Ich nehme mir Deine Punkte gerne mit – danke dafür – und lustigerweise haben wir ohnehin oft dieselben Themen, denn mein Blog für September, der demnächst rauskommt, behandelt dasselbe und ist ähnlich aufgebaut / es scheint bei sensiblen Menschen in der Luft zu liegen aktuell ☺️ das Thema Sprache/Kommunikation .. Grüße von Heike
Vielleicht könntest Du eine Art Schweigeyoga anbieten, wo nicht gesprochen wird, alles nur vorgemacht und mit achtsamen Berührungen gezeigt wird. ;-)
Verstehe nicht ganz, worüber Du ab/im September bloggen willst.
Viel Freude!
Christof
Guter Artikel! Punkt 1 finde ich am wichtigsten. Leider habe ich das Gefühl, dass die Aufmerksamkeitsspanne und damit auch die Fähigkeit zum Zuhören bei den meisten Menschen abnimmt (ich selbst nehme mich davon auch nichts aus). Das hat natürlich mit der ständigen Ablenkbarkeit durch Smartphone etc. zu tun. Ich habe bei Treffen mit Freunden/Bekannten schon gebeten, dass die Geräte bitte in der Tasche bleiben. Bei einigen scheint es ja „normal“ zu sein, das Handy auf dem Tisch daneben liegen zu haben. Ich hab das noch nie gemacht – finde ich sehr unhöflich und nicht wertschätzend meinem Gegenüber! Gruß, Katja
Es ist auch ein Krux mit dem Smartphone. Es findet sich ständig ein Grund draufzuschauen. Selbst während eines Gesprächs zucke ich manchmal das Smartphone, um etwas Gesprächsrelevantes im Internet nachzuschauen oder dem Gegenüber ein Foto oder etwas anderes zu zeigen. Man kann sich da nur selbst zügeln und es sich zur Gewohnheit machen, besser zuzuhören und den anderen ausreden zu lassen.
Viele Grüße
Christof
Das ist in der Tat sehr unhöflich. Was ist bloß mit euch los? Ich habe bei meinen Lesungen und Vorträgen die Regel, dass alle Smartphone ausgeschaltet sein müssen – AUS, nicht stumm. Es ist unerträglich, wenn du dich auf die Lesung (oder das Gespräch mit Freunden etc) konzentrierst und der Andere schaut auf sein Phone. Wen das nicht interessiert, was ich zu sagen habe, der soll bitte gehen.
Ähnlich handhabe ich es auch beim Restaurantbesuch oder beim Gespräch mit Freunden. Ja, ich kann ihnen nicht vorschreiben, was sie tun sollen, aber wer meine Gegenwart so wenig schätzt, auf den kann ich verzichten und gehe dann selbst.
Es ist doch das MIndeste an Höflichkeit, dass man jemandem zuhört, den man trifft. Schließlich hat uns die Natur mit nur einem Mund, aber mit zwei Ohren ausgestattet 😉
Ich erzähle übrigens bei meinen Vorträgen oft von der Kommunikation von Wölfen. Ihr Familienleben klappt so gut, weil sie permanent miteinander kommunizieren …
Weiß nicht, bin gegen Handyverbote, zumindest in den meisten Fällen. Bob Dylan verbietet nun auf seinen Konzerten auch Smartphones. Finde ich etwas anmaßend. Die Diskussion halte ich trotzdem für sehr wichtig. Wir sollten wieder mehr in Augen schauen und weniger auf Bildschirme starren. Ein guter Anfang könnte sein, sich selbst zu beobachten, in welchen Situationen man dem Gegenüber nicht mehr richtig zuhört (vielleicht spricht er viel, aber sagt wenig), wann man das Smartphone hervorholt …
Danke, liebe Elli. So sehe ich das auch, und es ist noch viel schlimmer. Das Handy klebt förmlich an seinen Besitzern, immer und überall. Besonders in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf der Straße gehen die Leute mit dem Ding in der Hand und blenden ihre Umgebung völlig aus. Kinder und Babys (!) werden mit Handys ruhig gestellt. Ich frage mich, wie haben Menschen ante Handyzeit gelebt? Es ist eine der Seuchen des 21. Jahrhunderts und wird nie enden. Hier wird es keinen Minimalismus geben.
Danke Christof für Deine immer interessanten und oft lehrreichen Artikel. Ich freue mich immer wieder auf neue Beiträge.
Freue mich über Dein Lob.
Aber warum soll es bei der Smartphonenutzung keinen Minimalismus geben? Minimalismus bedeutet ja nicht, nichts zu besitzen, sondern nur die Dinge zu besitzen, die einem wichtig sind und das Leben erleichtern. Auch beim Smartphone ist ein gesunder Umgang möglich.
Ich wüsste gern, was wohl die Giraffe oder Marshall B. Rosenberg (GfK) dazu sagen würde.
Auch sehr interessant wäre, wie Friedemann Schulz von Thun, hierzu insbesondere die Selbstoffenbarungsseite (seines Nachrichtenquadrats) auszuleuchten wüsste.
Last, but not least gelingt auch bei jenen, die „permanent miteinander kommunizieren“, Kommunikation vor allem (Erfolg = tiefes Verstehen) dann, wenn dem WIE (Metakommunikation) besondere Beachtung beigemessen wird und ehrliche Selbstreflexion stattfindet.
Hallo Katja
Du bringst es auf den Punkt. Mir ist auch sehr oft aufgefallen das mein Gegenüber während des Gesprächs den Fokus verliert und umherschaut oder einfach andere Dinge macht….mitten im Gespräch. Wenn die andere Person redet kann ist der Fokus sofort wieder im Gespräch… dies habe ich schon getestet indem ich extra intensiv zugehört habe …..Hauptsache man kann selbst seine Infos/Probleme an jemanden rantackern.
Unterhaltungen haben sich sehr verändert…
Silly
Hallo Christof,
ich habe gelesen, dass der Trend bei einigen jetzt wieder zu einem „alten“ Handy geht, wo man nur telefonieren oder smsen kann. So wie früher:) Mal sehen, ob es eine kleine Gegenbewegung wird. Die meisten Menschen, die ich kenne, haben leider keinen gesunden Umgang mit ihrem Smartphone..
Ja, erst recht in dieser Zeit bewusster Leben in Achtsamkeit..
Danke für deinen wunderschönen Artikel.
Danke
:-)
Lieber Christof,
ein sehr wichtiger Artikel, wie ich finde – vor allem für solche Vielredner:innen wie mich. Mir fällt es oft schwer mich zu zügeln, aber ich übe beständig.
Herzlichst, Andrea
Danke, liebe Andrea. In Deinem Kommentar ist es Dir schon gelungen, auf den Punkt zu kommen. :-)