Zähle ich die Alpenüberquerung Salzburg – Triest im September schon dazu, war ich seit 2012 insgesamt eineinhalb Jahre auf Fernwanderungen unterwegs. Die längste Tour führte mich in 108 Tagen von meiner Haustür in Nürnberg bis nach Santiago de Compostela und ans Kap Finisterre.
Eine Frage, die mir – vor allem von Leserinnen und Lesern meines Blogs, die selbst nicht fernwandern – oft gestellt wird, lautet, was ich nach einer absolvierten Etappe mache. Schließlich bin ich oft schon am Nachmittag am Ziel und habe weder etwas zu lesen noch ein Tablet dabei.
Heute lüfte ich das Geheimnis und beschreibe, was ich jeden Nachmittag und Abend auf mehrwöchigen Touren erledige. Zusätzlich gebe ich Dir 12 Tipps für Deine erste oder nächste Fernwanderung.
#1 GPS-Track sichern
Ich zeichne sowohl auf Tagestouren als auch auf Fernwanderungen die zurückgelegte Strecke mit meinem Smartphone auf. Seit über zehn Jahren nutze ich dafür die App Locus Map. Derzeit habe ich die Version Locus Map 3 Classic installiert, denn Locus Map 4 hat mich nicht gänzlich überzeugt. Nachdem die App viele Jahre nur für Android verfügbar war, gibt es nun mit Locus Map LITE auch eine Version für iOS.
Tipp für Dich: Wenn du den GPS-Track sinnvoll benennst, findest du ihn auch Jahre später im Handumdrehen wieder, indem du nach Jahr, Datum, Etappenstart, Etappenziel, Fernwanderweg oder Begleitung suchst oder filterst. Eine Etappe auf dem Franziskusweg im Mai in Italien habe ich zum Beispiel als „2024 05 09 Spoleto – Macenano (Franziskusweg, mit Andreas)“ gespeichert.
#2 Duschen oder Katzenwäsche
Sobald ich mein Zimmer oder meinen Schlafplatz bezogen habe, begebe ich mich in die Nasszelle. Nach der Dusche fühle ich mich einfach bewusst sauber und wiederbelebt. Übernachte ich auf einer Berghütte, zahle ich gerne den Unkostenbeitrag für die Dusche. Manchmal ist nur eine Katzenwäsche am Waschbecken, Bach oder See möglich. Dann freue ich mich umso mehr darauf, bald wieder ein richtiges Bad zur Verfügung zu haben.
Tipp für Dich: Biologisch abbaubare Outdoor-Seifen sind kompakt, leicht und umweltschonend. Meist habe ich eine Flüssigseife von Dr. Bronner’s im Rucksack, mit der ich Körper, Haare, Wäsche und Geschirr sauber bekomme.
#3 Wäsche waschen
Nachdem ich wieder frisch dufte, kümmere ich mich um die Schmutzwäsche. Mit etwas Outdoor-Seife und heißem Wasser bekomme ich die Kleidung ausreichend sauber. Ich wringe sie gut aus und hänge sie an einem geeigneten Ort (warme Stube, Heizung, Wind, Sonne) auf, sodass sie bis zum nächsten Morgen trocken ist.
Tipp für Dich: In vielen Hotels, Pensionen, Herbergen und Ferienwohnungen kannst Du auf Nachfrage gegen eine geringe Gebühr oder kostenfrei eine Waschmaschine und eventuell auch einen Trockner nutzen. Erzähle dem Personal, dass Du nur wenig Wechselkleidung im Rucksack hast und mehrere Tage nicht waschen konntest.
#4 Wettervorhersage prüfen
Ich oute mich als Schönwetterwanderer und würde Sonne und Hitze immer Regen und Kälte vorziehen. Leider ist eine Fernwanderung kein Wunschkonzert. Das Wetter kann ich nicht ändern, aber ich kann die Wettervorhersage der kommenden Tage im Blick behalten und mich entsprechend verhalten: passend kleiden, früher oder später starten, kürzere oder längere Etappen wählen, leichtere Varianten in Betracht ziehen …
Tipp für Dich: Stell Dich lieber auf schlechtes Wetter ein, wenn die Prognose unklar ist. Auch der Rat von den Einheimischen muss nicht immer stimmen. Einmal hat mich ein Hüttenwirt nach der Mittagseinkehr mit den Worten „Das Gewitter kommt erst am Abend“ weitergeschickt. Eine Stunde später entluden sich links und rechts von mir die Blitze, und ich dachte, mein letztes Stündlein hat geschlagen.
#5 Die nächste(n) Etappe(n) planen
Neben dem Wetter beeinflussen meine Laune und Verfassung, die mögliche Wanderbegleitung, die Verfügbarkeit von freien Unterkünften und weitere Faktoren die nächsten Etappen. Wenn die Route nicht weitgehend durch die Markierung oder Ähnliches vorgegeben ist, passe ich sie fast täglich an. Mir macht das Spaß, und in der App Locus Map geht das im Nu.
Tipp für Dich: Schau Dir im Vorfeld auch Wegalternativen an und merke Dir, wo es Ortschaften mit Infrastruktur wie Unterkünften und Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr gibt. Dann bist Du gut vorbereitet, wenn das Wetter umschlägt, Du Dich nicht wohl fühlst oder jemand anderes die Informationen benötigt.
#6 Die nächste(n) Übernachtung(en) buchen
Am liebsten entscheide ich spontan und nach Lust, Verfassung und Wetter, wie weit ich gehe und wo ich schlafe. Da dies auf beliebten Pilgerwegen und Alpenüberquerungen oft nicht möglich ist, buche ich rechtzeitig die kommenden Unterkünfte. Zwei oder drei Tage im Voraus ist ein Kompromiss, mit dem ich leben kann. Dieser Vorlauf reicht in den Alpen im Hochsommer meist nicht aus. Deswegen meide ich das Gebirge während dieser Zeit.
Tipp für Dich: Schließe Ferienwohnungen bei Deiner Unterkunftssuche mit ein. Sie sind manchmal kurzfristig für eine Nacht verfügbar und können sogar für Alleinreisende günstiger als Hotelübernachtungen sein. Auf meinem diesjährigen Franziskusweg habe ich fünf Nächte in Ferienwohnungen verbracht. Dort konnte ich jedes Mal die Waschmaschine nutzen und mir etwas zu Abend und fürs nächste Picknick kochen.
#7 Geräte aufladen
Um auf der nächsten Etappe keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, lade ich rechtzeitig das Smartphone, die Powerbank und gegebenenfalls die Digitalkamera auf.
Tipp für Dich: Eine moderne Powerbank mit einer Kapazität von 10.000 mAh wiegt weniger als 200 g und kann Dein Smartphone rund zweimal aufladen.
#8 Lebensmittel einkaufen
Ich ernähre mich auch unterwegs rein pflanzlich und bereite oft etwas selbst zu. Wenn es in der Unterkunft eine Küche gibt, schwinge ich den Kochlöffel. Da ich immer eine Frischhaltebox, ein Taschenmesser, einen Löffel, Olivenöl, Gewürze und Salz im Rucksack habe, kann ich auch ohne Herd einfache Gerichte wie Couscoussalat, Brotsalat und Hummus zubereiten. Die fehlenden Zutaten finde ich in jedem Supermarkt, meist sogar in Tante-Emma-Läden wie den Alimentari in Italien. Auf kürzeren Etappen genügen mir als Proviant frisches Obst, Trockenfrüchte, Nüsse und Kerne.
Tipp für Dich: Natürlich gibt es Tage, etwa im Hochgebirge oder in abgelegenen Regionen, an denen Du keine Lebensmittel einkaufen kannst. Dies solltest Du bei Deiner Etappenplanung berücksichtigen. Informiere Dich auch über die Öffnungszeiten der Läden entlang des Weges und am Tagesziel, damit Du nicht vor verschlossenen Türen stehst.
#9 Zu Abend essen
Wenn ich nicht selbst koche, kehre ich abends gerne ein. Das Tagespensum ist geschafft, die nächste Etappe geplant, die Stimmung gut, der Hunger groß. Solange das Gericht vegan ist, nicht aus der Tüte kommt und frisches Gemüse enthält, bin ich zufrieden. Ein Eintopf auf der Berghütte, Pizza und Salat beim Italiener oder Gemüse, Tofu und Reis in einem asiatischen Restaurant – dazu ein Bier oder ein Glas Wein, so soll es sein.
Tipp für Dich: In der App und auf der Webseite HappyCow kannst Du nach veganen und veganfreundlichen Lokalen sowie Geschäften weltweit suchen.
#10 Fotos sichten und sichern
Ich mag das abendliche Ritual, die neuen Fotos durchzusehen und den Tag Revue passieren zu lassen. Dabei lösche ich Duplikate und – soweit auf dem kleinen Bildschirm erkennbar – misslungene Aufnahmen. Wenn ich WLAN habe, sichere ich die Fotos in der Cloud. Als Digitalkamera nutze ich eine Sony DSC-RX100 III, die ich mittlerweile nur noch mitnehme, wenn ich Fotos für einen meiner Wanderführer brauche.
Tipp für Dich: Überlege Dir im Vorfeld Deiner Fernwanderung, ob Du überhaupt Fotos machen möchtest bzw. ob die Fotos Deines Smartphones nicht ausreichen.
#11 Reisetagebuch schreiben
Ein paar Zeilen, manchmal auch ein paar Seiten, in ein Notizbuch zu schreiben, ist eine weitere liebgewonnene Gewohnheit von mir auf Fernwanderungen. Ich mag besonders die klassischen Notizbücher von Moleskine. Wenn ich auf das Gewicht achten möchte, reicht auch ein DIN-A6-Heft.
Tipp für Dich: Schreibst Du ungern? Dann kannst Du auch in einer Sprachnotiz oder einem Video auf Deinen Tag zurückblicken. Für welche Form Du Dich auch entscheidest, die Aufzeichnungen werden später einmal interessant sein.
#12 Rucksack packen
Ich möchte am Morgen nicht hetzen, aber dennoch früh starten. Deshalb packe ich meinen Rucksack bereits am Vorabend, so weit es möglich ist. Auch die Kleidung für die nächste Etappe lege ich schon bereit.
Tipp für Dich: Um Ordnung im Rucksack zu halten, empfehle ich Kompressionssäcke, Zip-Beutel und Netzbeutel.
Hallo Christoph,
bin dieses Jahr auch in der ersten Maihälfte auf dem Franziskusweg von Pontassieve nach La Verna unterwegs gewesen und habe alle Unterkünfte etwa 3 Wochen im voraus gebucht. Im Kloster La Verna bekam ich auf diese Weise das letzte Zimmer am Freitag vor Pfingsten. Kann man es abgesehen von solchen Terminen Anfang bis Mitte Mai auf dem Franziskusweg riskieren, die Unterkünfte von Tag zu Tag zu reservieren (nächstes Jahr möchte ich vielleicht dort weiterwandern).
Noch etwas ganz anderes: Hattest du auf dem Franziskusweg mal Probleme mit Bettwanzen bekommen?
Vielen Dank auch für deine schönen Berichte und guten Tipps!
Herzliche Grüße Martin
Hallo Martin,
da haben wir uns ja nur knapp verpasst. Ich bin am 22. April in Florenz gestartet und am 18. Mai in Rom angekommen. Vielleicht für Deinen Weiterweg 2025 interessant: meine diesjährige Etappeneinteilung, meine letztjährige Etappeneinteilung.
Ich habe die Unterkünfte erst unterwegs immer ein bis zwei Tage vorher reserviert (per Telefon, E-Mail, WhatsApp, Hotelhomepage, Booking, check24). Das hat bis zwei Etappen vor Rom gut geklappt. Dort war wegen Pfingsten kein günstiges Zimmer mehr zu bekommen (in einem der Klöster wäre ich als Pilger wahrscheinlich untergekommen). Da ich der Stadt aber nur wenig abgewinnen kann, bin ich noch am Nachmittag gen Heimat gefahren (mit einem Stopp und einer Übernachtung in Trient).
Mit Bettwanzen hatte ich weder im letzten noch in diesem Jahr Probleme.
Viele liebe Grüße
ChristoF
Interessanter Einblick, vielen dank! Du solltest vielleicht ein Buch über das Fernwandern schreiben mit Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene…
Ja, vielleicht. Arbeitstitel: „Die Fernwanderbibel“. Gibt aber sicher schon paar Ratgeber zu dem Thema.
Nur ein kleiner Hinweis, die Seife von Dr. Bronner’s niemals in Gewässern verwenden, das ist absolut Umweltschädlich und schadet der Natur, bitte bei benutzen solcher Seifen die Gebrauchshinweise beachten. Biologisch abbaubare Outdoor Seife ist sehr irreführend. Bedeutet nicht das man diese auch in Gewässern verwenden kann bzw darf, Danke….
Vielen Dank für den Hinweis. Du hast absolut recht. Die Seifen von Dr. Bronner’s sind zwar biozertifiziert, biologisch abbaubar, Fair Trade, vegan etc., sollten aber nicht in Gewässer gelangen, da sie für die Tiere dort giftig sein können. Wenn ich mich im Fluss oder im See wasche, was höchstens mal auf einer Berghütte ohne Dusche oder Waschbecken passiert, verwende ich nur das Wasser. In ausreichend Abstand zum Gewässer (mindestens 60 m steht auf der Webseite von Dr. Bronner’s ) kann die Seife in den Boden gelangen, weil sie dort gefiltert wird und biologisch abbaubar ist.
Hallo Christof,
es gibt eine für mich plausible Argumentation gegen Dr Bronner’s Seife in der Natur.
Sie wirkt erwiesenermaßen seeehr reinigend für alle möglichen Anwendungen! Warum? Weil die Wirkstoffe in konzentrierter Form vorliegen.
Darum ist es eigentlich ein Skandal, dass sie für empfindliche Haut und Haare und sogar Babies beworben wird.
Ist dir die Seife noch nie die Augen gekommen und hat dabei ein Brennen verursacht?
…
PS: unraffiniertes Erdöl ist ebenfalls natürlich und dabei richtet es zu Land, Wasser und Luft extremen Schaden an
Hallo Werner,
konzentrierte Seifen verdünnt man aber doch mit Wasser. Paar Tropfen in die Handflächen, mit etwas Wasser verreiben und dann anwenden. Einen Skandal kann ich da nicht erkennen. Nicht konzentrierte Seife brennt bei mir auch, wenn ich sie in die Augen bekomme. Das vermeide ich natürlich. Was verwendest Du denn beim Fernwandern auf der Berghütte oder im Hotel als Duschgeld, Shampoo und Waschmittel?
EBG
Christof
Oh je, memories!
Wenn ich deine to-do-Liste lese, dann erinnert mich das an meine Wanderungen bzw. Outdoorzeiten vor gefühlten 100 Jahren in Amerika. Nach 12 Stunden Wölfe beobachten in Yellowstone, hab ich das alles auch noch gemacht – und dazu noch jeden Tag Blogeinträge zu den Ereignissen geschrieben, um die Fans Zuhause zu informieren.
Wenn ich jetzt lese, was du alles machst, bekomme ich Schnappatmung. Vermutlich ist es doch eine Frage des Alters was noch geht und was nicht. Oder der Tagesplanung / Selbstmanagement, oder beides 😉
Ich wünsche dir noch viele, viele schöne Wanderungen, lieber Christof. Vielleicht treffen wir uns ja mal zufällig, wenn du keuchend an mir vorbei hechtest, während ich entspannt mit meiner Hündin auf einem Stein sitze und träume.
Liebe Grüße
Elli
Das wäre schön, wenn wir uns mal irgendwo irgendwie irgendwann treffen, nach den Jahren des elektronischen Austauschs.
Sind Deine 100 Jahre alten Blogeinträge noch online? Die würden sicher nicht nur mich interessieren.
Auf meinem Jakobsweg 2016 hatte ich allabendlich noch die Kraft, einen Artikel zu schreiben und mit Fotos hochzuladen. Und nun im September werde ich zwischen Salzburg und Triest täglich an der Überarbeitung meines Wanderführers arbeiten.
Liebe Grüße
Christof
Die Blogeinträge sind nicht mehr online, aber ich habe 10 Jahre davon als e-Book zusammengefasst (oder bei Amazon).
Viele Grüße
Elli
Ich bin normalerweise mit Komoot unterwegs und damit doch ziemlich zufrieden. Jetzt habe ich versucht mich bei Locus Map Lite anzumelden, was aber nicht gelingt – hast du von Problemen damit gehört?
Da kann ich Dir leider nicht helfen, habe kein iOS und habe Locus Map Lite nicht getestet.
Hallo Christof,
wir haben bisher immer nur Tagestouren gemacht. Unser Ziel ist es aber bald eine mehrtägige Wanderung zu planen und deshalb haben wir letztes Jahr zum ersten Mal auf einer Berghütte übernachtet. Diese Erfahrung wollten wir schonmal mitnehmen, um über den Ablauf und die Gepflogenheiten einer solchen Übernachtung Bescheid zu wissen. Die Ruhe am Morgen, direkt am Berg . . . einfach unbezahlbar!
Die Tipps aus deinem Blogbeitrag werden wir bei unserer Planung auf jeden Fall berücksichtigen. Vielen Dank dafür.
Hast du vielleicht eine Empfehlung für eine schöne „Einsteiger-Tour“?
Herzliche Grüße
Nicole
Hallo Nicole,
schöne Pläne habt Ihr!
Schwierig einen Tipp zu geben, kenne weder Eure Fitness noch wo Ihr wie lange wandern wollt. Hier auf meinem Blog findet Ihr zahlreiche Fotoimpressionen und Berichte. Vielleicht spricht Euch etwas davon an. Oder schaut mal bei Wanderbares Deutschland. Die dort vorgestellten Wegen sind alle zertifiziert. Die meisten führen durch lohnende Mittelgebirgslandschaften.
Viele Grüße
Christof