Glück und Unglück, Mut und Angst, Gelassenheit und Zorn liegen in uns selbst – davon war der römische Philosoph Seneca vor 2000 Jahren überzeugt.
Faszinierend an den Weisheiten Senecas und der anderen Stoiker ist, dass sie noch heute äußerst alltagstauglich sind. Denn wie auch immer die äußeren Gegebenheiten aussehen, es liegt in unserer Hand, das Beste aus unserem Leben zu machen. Je mehr uns das gelingt, desto zufriedener sind wir.
Zur Einführung in die Philosophie des Stoizismus empfehle ich Dir die Bücher „Leben lernen – Ein Leben lang“ von Albert Kitzler, „Der tägliche Stoiker“ von Ryan Holiday und Stephen Hanselman sowie „Vom glückseligen Leben und andere Schriften“ von Seneca.
Ich habe in den letzten 15 Jahren aus diesen Werken und zahlreichen weiteren Quellen für mich selbst über 200 Gedanken Senecas zusammengetragen. 55 davon stelle ich Dir nun vor.
Angst & Sorgen
„Unwissenheit ist der Grund der Angst.“
„Vielen Menschen schadet vor allem die Angst an sich, und das Schicksal vieler Menschen hat sich bereits erfüllt, während sie noch auf die Erfüllung ihres Schicksals warten.“
Besitz & Reichtum
„Bisweilen kann man Erhaltenes nicht nur zurückgeben, sondern auch wegwerfen.“
„Ich will dir seinen Besitz nicht etwa untersagen; aber ich will dir dazu verhelfen, dass dir eben dieser Besitz keine Angst und Sorge mache. Es gibt nur einen Weg, dies zu erreichen: du musst dich innerlich durchdringen mit der Gewissheit, dass du auch ohne ihn glücklich leben würdest; du musst ihn immer als etwas ansehen, das dir auch verloren gehen kann.“
„Nicht arm ist der, der wenig hat, sondern der, der nach mehr verlangt.“
„Was nun die Dinge betrifft, denen wir hinterherjagen und für die wir uns ins Zeug legen, schulden wir uns folgende Überlegung: Entweder ist ihnen nichts Nützliches zu eigen oder sie sind meist zu nichts zu gebrauchen. Einige von ihnen sind überflüssig, während anders nicht viel wert sind. Aber wir erkennen das nicht und betrachten sie als gegeben, obwohl sie uns eine Menge gekostet haben.“
Dankbarkeit & Anerkennung
„Danke doch lieber für das, was du bekommen hast; auf das andere warte und freue dich, dass du noch nicht alles hast.“
„Der Lohn einer guten Handlung liegt darin, dass man sie vollbracht hat. Ich bin dankbar – aber nicht, damit der andere sich von meinem Beispiel angespornt fühlt und sich mir nun besonders gefällig zeigt. Ich will nur eine Tat vollbringen, die sich an Liebenswürdigkeit und Schönheit nicht übertreffen lässt. Ich bin dankbar – aber nicht, weil es vorteilhaft ist, sondern weil es mir Freude macht.“
Ehrlichkeit & Aufrichtigkeit
„Ein jeder leidet unter dem, was er getan; das Verbrechen kommt wieder auf seinen Urheber zurück.“
„Ein Zwerg wird nicht größer, auch wenn er sich auf einen Berg stellt.“
Einfachheit & Minimalismus
„Den größten Reichtum hat, wer arm an Begierden ist.“
„Nie ist zu wenig, was genügt.“
„Was soll es bezwecken, zahllose Bücher zu besitzen, die man zu Lebzeiten kaum alle lesen kann? Dem Lernenden wird nichts beigebracht, das reine Ausmaß belastet ihn nur. Deshalb ist es besser, die Samen von ein paar Autoren zu pflanzen, als die von vielen zu zerstreuen.“
Genie & Wahnsinn
„Nie hat es einen großen Geist ohne eine Beimischung von Wahnsinn gegeben.“
Genuss & Maßhalten
„Die größte Herrschaft ist die Selbstbeherrschung.“
„Jählings neigt sich der Genuss zum Schmerz, wenn er nicht Maß gehalten hat.“
„Kein übler Drang des menschlichen Herzens ist so mächtig, als dass dieser nicht durch Disziplin gebändigt werden kann.“
Glück & Zufriedenheit
„Glücklich ist nicht derjenige, den die Leute so nennen, der über das große Geld verfügt, sondern der, dessen Hab und Gut geistiger Natur ist; er ist aufrecht, von erhabener Gesinnung, verachtet, was man allgemein bewundert, kennt keinen, mit dem er tauschen möchte, beurteilt einen Menschen nur nach seinem menschlichen Wert.“
„Glücklich ist nicht, wer anderen so vorkommt, sondern wer sich selbst dafür hält.“
„Jeder ist in dem Grade elend, als er es zu sein glaubt.“
„Stets glücklich zu sein und ohne Schmerz durch das Leben zu gehen heißt, nur eine Seite der Natur zu kennen.“
Heute & Morgen
„Alle Stunden umfasse mit beiden Armen. So wirst du weniger vom Morgen abhängen, wenn auf das Heute du die Hand legst.“
„Heiße mit jedem Sonnenaufgang den neuen Tag willkommen, als wäre es der beste von allen und mach ihn dir ganz zu eigen.“
„Jener ist am glücklichsten und ein sorgloser Besitzer seiner selbst, der das Morgen ohne Beunruhigung erwartet.“
Hilfsbereitschaft & Freundlichkeit
„Nichts ist edel, wenn es widerwillig oder unter Zwang getan wird. Jede edle Tat ist freiwillig.“
„Wo immer ein Mensch ist, gibt es eine Gelegenheit für Freundlichkeit.“
Mut & Motivation
„Dem Wagemutigen hilft das Glück, der Faule steht sich selbst im Weg.“
„Ein großer Teil des inneren Fortschritts liegt schon im Willen zum Fortschritt.“
„Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“
„Wer Großes versucht, ist bewundernswert, auch wenn er fällt.“
Neid & Gier
„Die Gier ist die verheerendste aller Menschheitsseuchen.“
„Eine vernunftgeleitete Seele leidet an hartnäckigen Lastern wie Gier und Ehrgeiz. Diese knebeln die Seele und verrichten ihr Teufelswerk. Kurzum, die beeinträchtigen das Urteilsvermögen so unerbittlich, dass das, was kaum wünschenswert ist, heftig angestrebt wird.“
Probleme & Lösungen
„Es gibt Laster ohne Rechtfertigung, keines, das am Anfang nicht recht klein und bescheiden war und wo man schnell hätte eingreifen können, aber danach breitet der Ärger sich überall hin aus. Wenn du zulässt, dass Dinge ihren Lauf nehmen, kannst du sie nicht mehr beherrschen. Jede Gefühlsregung ist zunächst schwach. Dann wächst sie und wird immer stärker, je mehr sie sich entwickelt – es ist leichter, sie auszubremsen als sie zu verdrängen.“
„Wir sollten ausgedehnte Spaziergänge unternehmen, damit unser Verstand von der frischen Luft und den tiefen Atemzügen erfrischt und genährt wird.“
„Zu leben heißt zu kämpfen.“
Selbstliebe & Selbstgenügsamkeit
„Das höchste Gut ist die Harmonie der Seele mit sich selbst.“
„Ich habe begonnen, mir selbst ein Freund zu sein. Damit ist schon viel gewonnen, denn man kann dann nie mehr einsam sein.“
Tadel & Gerede
„Alles, was man an einem anderen tadelt, kann jeder einzelne bei sich selber finden.“
„Nichts bringt uns in größere Übel, als wenn wir uns nach dem Gerede der Leute richten, die für das beste halten was ‚allgemein angenommen‘ ist, nicht nach Vernunftgründen, sondern nach Beispielen leben.“
Tod & Vergänglichkeit
„Leben muss man ein Leben lang lernen, und, darüber wirst du dich vielleicht am meisten wundern: ein Leben lang muss man sterben lernen.“
„Wie Sterbliche fürchtet ihr alles, wie Unsterbliche begehrt ihr alles.“
Treue & Loyalität
„Behandle Deine Untergebenen so, wie Du von Deinen Vorgesetzten behandelt werden willst.“
„Nichts ist edler, nichts ehrwürdiger als Loyalität.“
Veränderung & Wandel
„So kommt es, dass du weniger vom morgigen Tag abhängig bist, wenn du den heutigen in die Hand nimmst.“
„Wer an den Spiegel tritt, um sich zu ändern, der hat sich bereits geändert.“
Zeit & Lebenszeit
„Bemiss deine Lebenszeit, für so vieles reicht sie nicht.“
„Beweise mir, dass ein gutes Leben nicht bedeutet, dass es lang ist, sondern wie es genutzt wird. Denn es ist möglich und kommt sogar häufiger vor, dass ein Mensch trotz eines langen Lebens viel zu kurz gelebt hat.“
„Ich habe Zeit, wie denn jedermann Zeit hat, wenn er nur will.“
„Manche Zeit wird uns entrissen, manche unvermerkt entzogen, manche fließt fort. Doch am schimpflichsten ist der Verlust, der aus Unachtsamkeit geschieht.“
Ziele & Pläne
„Ein Leben ohne Plan ist unberechenbar. Sobald du an einem Ort bist, brauchst du Prinzipien. Ich glaube, du wirst zugeben, dass nichts beschämender ist, als unsicheres und wankelmütiges Verhalten und ein feiger Rückzug.“
„Schimpflich ist es, nicht zu gehen, sondern sich treiben zu lassen und mitten im Wirbel der Dinge verblüfft zu fragen: Wie bin ich bloß hierher gekommen?“
„Was du für den Gipfel hältst, ist nur eine Stufe.“
„Wenn man nicht weiß, welchen Hafen man ansteuert, ist kein Wind günstig.“
Zorn & Ärger
„Das größte Gegenmittel gegen den Zorn ist der Aufschub.“
„Großenteils schafft man sich seinen Ärger selbst, entweder durch falschen Verdacht oder, weil man Kleinigkeiten zu ernst nimmt.“
Hier geht es zu meinen anderen Zitatensammlungen.
Vielen Dank Christof! Man stolpert oft über Zitate von Seneca, auch auf deiner Webseite habe ich schon welche entdeckt. Schön, dass hier nun eine ganze Reihe zu unterschiedlichen Themen gesammelt sind.
Gern geschehen, liebe Annie!
Ein ausgezeichneter Artikel, welcher dem Leben zuruft: „Zeit und Leben sind Zwillinge, deren Mutter Ewigkeit nur verlangt, sie zu achten.“
Es tut richtig gut, mal in einem Blog zu stöbern, der sich nicht nur einer Nische verschrieben hat, sondern die Bandbreite des Denkens bündelt.
Gratuliere zu dieser großartigen Idee.
Ich freue mich über Deinen Kommentar und das Lob!
Das folgende Zitat spricht mich gerade besonders an: „So kommt es, dass du weniger vom morgigen Tag abhängig bist, wenn du den heutigen in die Hand nimmst.“ Auch in Zeiten der Bettlägrigkeit gibt es Dinge, die ich tun kann.
Das Zitat hatte ich sogar mal auf ein Post-it geschrieben und an meinen Laptop geklebt.
Alles Gute für Dich, liebe Grüße!
Christof
Sehr geehrte H.Herrmann.
Hatten Sie mal ein Hofgut in Brouville Frankreich?
Dann würde ich Sie kennen.
M.f.G. H.Gaub
Nein, hatte ich nicht und habe ich auch nicht vor.
Viele Grüße
Christof