„Wenn jeder einzelne darauf verzichtet, Besitz anzuhäufen, dann werden alle genug haben.“ (Franz von Assisi, italienischer Mönch und Ordensgründer, 1181/1182 – 1226)
Minimalisten verzichten auf Besitz, um sich von der materiellen Last zu befreien, um mehr Zeit für wichtigere Dinge zu haben, um nachhaltig zu handeln und um glücklicher zu sein. Hat man sich entschlossen, minimalistisch zu leben, stößt man schnell auf ein Problem: Wohin mit all dem Kram, der nicht mehr zum neuen Lebensstil passt?
Die meisten versuchen, möglichst viel zu möglichst guten Preisen zu verkaufen. Ich habe es genauso gemacht. Im Laufe der Jahre bin ich so tausende Artikel losgeworden, vor allem bei Amazon und eBay, aber auch über Kleinanzeigen, auf Flohmärkten und in Garage Sales. Nach dem Motto „Wer den Cent nicht ehrt, wird nie ein Dagobert.“ habe ich in mühsamer Kleinarbeit Stück für Stück veräußert. Das obige Foto, das ich 2006 in Australien gemacht habe, zeigt eine Verkaufsidee, dessen Businessplan auf die Rückseite einer Briefmarke passt: „Kleinvieh macht auch Mist. Warum also nicht aus Scheiße Geld machen.“
Mittlerweile besitze ich bei Amazon und eBay keine Accounts mehr. Sachen, die ich nicht mehr brauche, gehen an soziale Einrichtungen. Ich bin der Meinung, dass Minimalisten lieber verschenken oder spenden als verkaufen sollten.
Wann Du verkaufen solltest
Es gibt vier Konstellationen, in denen es schlauer ist, aussortierte Sachen zu verkaufen.
- Du bist verschuldet. Schulden machen das Leben kompliziert und sind Freiheitsräuber. Ich empfehle, alles daran zu setzen, möglichst schnell schuldenfrei zu werden.
- Du hast noch keine Ersparnisse. Zu wissen, dass Du auch ohne Einkommen eine Zeitlang über die Runden kommst, gibt Dir ein Gefühl der Sicherheit. Es eröffnet Dir die Möglichkeit, Deinem Leben jederzeit eine neue Richtung zu geben. Ohne Ersparnisse hätte ich 2012 niemals meinen Job kündigen und mich als Autor selbstständig machen können. Wieviel Geldreserven man zurücklegen sollte, hängt von der Lebenssituation ab. Studenten brauchen weniger als Familien. Ein Betrag, der die Ausgaben eines halben Jahres entspricht, sollte es schon sein.
- Du wirst voraussichtlich einen hohen Preis erzielen. Als ich mich im Juni von meinem Kleinstwagen trennen wollte, habe ich ihn natürlich nicht verschenkt. Ich musste nur ein paar Stunden investieren, um 4.700 Euro zu bekommen.
- Du hast Spaß am Verkaufen. Gerade am Anfang kann es seinen Reiz haben, Artikel in Auktions- und Verkaufsportalen anzubieten und auf hohe Erlöse zu hoffen.
Warum Du lieber verschenken oder spenden solltest
Oft lohnt sich die Mühe nicht, aussortiere Sachen zu verkaufen. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Gewinn. Zu gerne übersieht man die versteckten Kosten und die kleinen zeitfressenden Arbeiten.
Gleich mehrere Gründe sprechen dafür, warum Du lieber verschenken solltest.
- Du sparst Zeit. Man sollten nie vergessen, dass die Zeit, die man in seinem Leben zur Verfügung hat, ständig knapper wird. Sven Böttcher drückt dies in seinem großartigen Buch Quintessenzen so aus: „Da Zeit alles ist, was wir haben, ist Zeitverschwendung eine Katastrophe, eine wahre Sünde dir selbst und dem Geschenk des Lebens gegenüber.“
- Es beschleunigt den Prozess, minimalistisch zu leben. Je eher Du Deine Wohnung oder Dein Haus entrümpelt hast, desto schneller wirst Du die Vorteile des Minimalismus spüren.
- Du handelst nachhaltig, da Deine Sachen weitere Verwendung finden und nicht auf dem Müll landen oder in Deinem Keller verstauben.
- Es tut gut zu verschenken. „Geben ist seliger als Nehmen.“ wird Jesus im Neuen Testament zitiert. Ein Minimalist, der etwas verschenkt, handelt zwar selten altruistisch, aber trotzdem ist es eine Win-win-Situation für den, der etwas hat und gerne abgibt, und für den, der wenig hat und gerne annimmt.
- Der Gewinn eines Verkaufs fällt meist deutlich geringer aus, als erwartet. Das liegt auch am Besitztumseffekt. Dieser bewirkt, dass wir eine Sache, die uns gehört, für wertvoller halten als eine gleichwertige Sache, die jemand anderem gehört. Experimente haben ergeben, dass sich der Besitztumseffekt mindestens um den Faktor zwei auswirkt. Wer sich das bewusst macht, kann Enttäuschungen vermeiden und sich eher durchringen, etwas kostenlos abzugeben.
Wie und wo Du verschenken oder spenden kannst
Manchmal ist es nicht einfach, selbst für gut erhaltene Sachen einen neuen Besitzer zu finden. Vor einem Jahr musste ich meine Kiste mit Büchern im Sozialkaufhaus wieder mitnehmen, da dessen Lager randvoll war. Mit ein wenig Kreativität und den folgenden Vorschlägen sollte es klappen, jemand anderem mit dem Aussortierten eine Freude zu machen. Im Zweifel empfiehlt es sich, vorher anzurufen.
- Familie, Freunde, Bekannte und Kollegen.
- Soziale oder gemeinnützige Einrichtungen wie Sozialkaufhäuser, Kindergärten, Bahnhofsmissionen, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Rotes Kreuz, Oxfam und Lions Club.
- Im Internet finden sich zahlreiche Spendenprojekte. Kürzlich bin ich beim Versandhändler OTTO auf eine tolle Aktion gestoßen, bei der man Kleider für den guten Zweck spenden kann.
- In Anzeigenblättern und auf Online-Verkaufsportalen gibt es meist eine „Kostenlos“- oder „Gegen Abholung“-Rubrik.
- Schwarze Bretter, etwa in Supermärkten, Schulen und Unis.
- Gut erhaltene Bücher werden oft auch von Büchereien angenommen.
- In Öffentliche Bücherschränke kannst Du Bücher zur kostenlosen Mitnahme stellen.
- Ein ähnliches Konzept wie Öffentliche Bücherschränke verfolgen die Giveboxes. Bei dieser Nachbarschaftsinitiative werden nicht nur Bücher, sondern auch andere Dinge wie Kleidung und Spielsachen zur Verfügung gestellt.
- Auch in Umsonstläden oder Kost-Nix-Läden können gebrauchsfähige Gegenstände abgegeben werden.
- In manchen Großstädten wird es geduldet, Möbel und andere Sachen mit einer Kennzeichnung wie „Zur kostenlosen Mitnahme“ an die Straße zu stellen. Meist ist schnell ein neuen Besitzer gefunden.
Verkaufst Du noch oder verschenkst Du schon? Was hält Dich davon ab, mehr zu verschenken und damit Dich selbst mit Zeit zu beschenken?
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Ich habe bisher immer verschenkt. Mit Ausnahme der großen Bernsteinsammlung meines verstorbenen Bruders, die wurde an einen ebenfalls Bernstein sammelnden Freund (weit unter Wert) verkauft. Meine Bücher werde ich in der Praxis los. Es dauerte keine drei Tage, bis alle Bücher mitgenommen waren. Ich hätte auch einiges zu verkaufen. Aber da steht mir meine Bequemlichkeit im Wege. Warum dann nicht verschenken? Weil wir dringend etwas ansparen müssten um nicht, wenn ich in Rente gehe, ziemlich schnell von der Hand in den Mund leben zu müssen. Auf der anderen Seite bringen die Sachen, die zum Verkauf anstehen, auch keine Reichtümer. Ich denke, über kurz oder lang werden sie auch verschenkt.