Spazieren, Wandern, Pilgern, Fernwandern, Trekking und Backpacking – Was sind die Unterschiede?

20. Mai 2022 - von Christof Herrmann - 13 Kommentare
Pilgerin auf dem Camino Frances in Spanien. (Foto: Christof Herrmann, 2016)

Für das Gehen zu Freizeitzwecken gibt es verschiedene Begriffe, die nicht immer korrekt verwendet werden und deren Übergänge oft fließend sind. In diesem Blogartikel stelle ich die Begriffe und die Unterschiede vor.

Beim Spazieren legt man zur Erholung ohne Eile eine kurze Strecke zurück. Spaziergänge finden häufig im regionalen Umfeld statt. Ideal sind Promenaden, Parks und verkehrsberuhigte Innenstädte. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom Flanieren oder Bummeln. Der Spaziergang ist sogar Gegenstand wissenschaftlicher Studien. Ich spaßiere gerne am Wöhrder See oder zum Hohlen Fels.

Wandern (neudeutsch auch Hiking oder Hiken genannt) ist Gehen in der Natur über mehrere Stunden. Es kann als Freizeitbeschäftigung oder als Sportart in der Ebene, im Mittelgebirge und im Hochgebirge ausgeübt werden. Die Anforderungen an Planung, Ausrüstung, Kondition und Fitness sind abhängig von der Wanderroute, aber fast immer höher als beim Spazieren. Schöne Tagestouren in Franken finden sich zum Beispiel in der Fränkischen Schweiz und auf der Hersbrucker Alb.

Fernwandern oder Weitwandern bezeichnet eine mehrtägige oder mehrwöchige Tour auf überwiegend markierten Wegen mit guter Infrastruktur wie Berghütten und anderen Unterkünften, Einkehrmöglichkeiten und Lebensmittelgeschäften. Als Qualitätsweg zertifizierte Fernwanderwege in Deutschland sind zum Beispiel der Heidschnuckenweg, der Moselsteig und der Fränkische Gebirgsweg. 2018 bin ich in 73 Tagen von den Allgäuer Alpen bis Sylt ferngewandert. Die Europäischen Fernwanderwege E1 bis E12 bilden ein völkerverbindendes Weitwanderwegenetz durch alle Teile Europas.

Pilgern ist Fernwandern mit religiösem oder spirituellem Hintergrund. Die bekannten Pilgerwege wie der Jakobsweg oder die Via Francigena sind gut erschlossen. Anspruchsvolle Wegabschnitte gibt es meist nicht. Kondition und Durchhaltevermögen sind dennoch gefragt. 2016 bin ich von Nürnberg bis nach Santiago de Compostela gepilgert, wobei ich mich eher als Fernwanderer gesehen habe.

Eine spezielle, anspruchsvolle Fernwanderung ist die Alpenüberquerung. Dabei geht man in durchschnittlich vier Wochen über den kompletten Gebirgszug der Alpen, etwa von München nach Venedig, von Oberstdorf nach Verona oder auf der von mir ausgearbeiteten Route von Salzburg nach Triest. Die Längsdurchquerung der Alpen von Wien nach Nizza wird nur selten gewagt, da sie mehrere Monate dauert und besonders herausfordernd ist. Touren, die inneralpin enden, etwa von Oberstdorf nach Meran oder von Tegernsee nach Sterzing, sind keine Alpenüberquerungen im eigentlichen Sinne, werden aber gerne aus Marketinggründen so bezeichnet.

Unter Trekking versteht man eine Fernwanderung auf wenig ausgebauten, zuweilen unmarkierten Pfaden in Naturlandschaften mit geringer Infrastruktur. Meist wird im Zelt übernachtet und muss Verpflegung im Rucksack mitgeführt werden. Bekannte Trekking-Touren finden sich in Skandinavien, im Himalaja und anderen dünn besiedelten Regionen.

Beim Backpacking führt man lediglich einen Rucksack mit sich und besuchst Städte und touristische Highlights. Züge und Busse, teilweise auch Flugzeuge, sind die vornehmlichen Transportmittel. Zwar werden manche Strecken zu Fuß zurückgelegt, das Wandern oder Gehen steht bei dieser Reiseart aber nicht im Mittelpunkt. Backpacking wird auch als Rucksacktourismus bezeichnet. Als Student war ich mehrmals als Backpacker mit einem Interrail-Ticket unterwegs.

Auf der Alpenüberquerung Salzburg - Triest. (Foto: Christof Herrmann, 2019)

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13 Kommentare für “Spazieren, Wandern, Pilgern, Fernwandern, Trekking und Backpacking – Was sind die Unterschiede?”

  1. Die Landschaft auf dem zweiten Foto sieht besonders einladend aus. Da will man doch gleich wandern, hiken, fernwandern oder allpenüberqueren! :-)

    1. Das Foto habe ich auf der Alpenüberquerung Salzburg – Triest in der Kreuzeckgruppe aufgenommen. Ich möchte die Tour im nächsten oder übernächsten Jahr wieder machen. Wäre dann das sechste Mal …

  2. Danke für die genauen Definitionen.

    Zur Zeit übe ich eine Variante des Spazieren gehens aus … das Spazieren sitzen. In dieser Variante geht man gemächlich von Parkbank zu Parkbank (oder anderen Sitzgelegenheiten wie liegende Bäume oder kleine Mäuerchen). Dabei verbring man ungefähr gleich viel Zeit mit gehen und sitzen. Gut geeignet für Erschöpfte, Bequeme oder Menschen in einer Erholungsphase.

    Deine Wortschöpfung spaßieren finde ich immer noch genial. Schön, dass du die mal wieder verwendet hast. :-)

    Mit berührten Grüßen, Amrita

  3. Hallo Christof,

    hast du mal wieder vor eine Fernwanderung mit Live-Berichten zum mitlesen, durchzuführen?
    Ich fand das immer unterhaltsam und spannend, den Jakobsweg und die Deutschlanddurchquerung von dir mit zu verfolgen.

    Grüße
    Jochen

    1. Hallo Jochen,

      wenn alles klappt, werde ich ab Mitte Juli von meiner Haustüre aus bis nach Rom wandern. „Live-Berichte“ von unterwegs wie auf dem Jakobsweg und der Deutschlanddurchquerung wird es diesmal nicht geben, aber vielleicht nach meiner Rückkehr ein Buch.

      Viele Grüße

      Christof

      1. Falls jemand etwas andere Live-Berichte von einer Pilgerreise lesen möchte: Die Comiczeichnerin Felice Meer startet am 1.6.22 ihre Pilgerreise von Bad Bevensen in Niedersachsen nach Rom. Täglich, außer Sonntags, zeichnet sie einen Comic und veröffentlicht ihn auf ihrer Website und auf Instagram. Wer gucken will: chordesign.de

  4. Wir haben schon häufiger mal den Begriff „Genusswandern“ gehört und verwenden den jetzt für uns: entspanntes langsames wandern, zwischendurch vielleicht einen Kaffee und einen kleinen Snack genießen, als Picknick oder in einer Gaststätte… das passt gut zu uns und für uns. Hauptsache, raus, frische Luft, was anderes sehen und hören und den Kopf frei kriegen. Und natürlich alles so (oder besser, sprich: sauberer) hinterlassen, wie wir es vorgefunden haben. Ich nehme oft eine Tüte mit, um Müll aufzusammeln. Meist wird die auch voll…

    1. Waldbaden und paar andere Begriffe gibt es auch noch. Habe mich auf die gängigsten beschränkt. Das von Dir noch genannte Wandern mit Müllsammeln nennt man übrigens Pliking, Plaking oder Plalking. Wenn man als Jogger Müll sammelt, dann Plogging.

  5. Hallo Christof
    Vielen Dank für die detaillierten Erklärungen. Es ist doch immer wieder spannend wie man Begriffe anders oder in anderer Bedeutung anwenden kann.
    Übrigens: In unserem Sprachgebrauch unterscheidet man eindeutig zwischen Wandern und Bergwandern. Ich bin nämlich leidenschaftliche Bergwanderin, aber ich mag das Wandern praktisch nicht. Also die Gipfel rauf und runter finde ich cool, aber gradeaus oder nur ein wenig auf und ab, mache ich überhaupt nicht gern.
    Und dann ist da noch das populäre Winterwandern :-)
    Aber klar, es sind natürlich alles „Spielarten“ des Wanderns.
    liebe Grüße
    Grit

      1. ah ja, hatte ich ganz vergessen. ;-) Hast du denn alle Wanderarten auch selber schon getestet?
        Ich bin zwar auch viel in den Bergen am Wandern, aber ich habe das Gefühl, ich kenne einige Wanderarten nicht. Vor allem das Pliking, Plaking usw. Das habe ich noch nie gehört…
        Aber in deinen Beiträgen und Kommentaren kann man sehr viel lernen :-)
        lieber Gruß
        Grit

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